Güterbahnhof Remagen
Das Lagergebäude des ehemaligen Güterbahnhofs Remagen wurde nach dem Ende seiner ursprünglichen Nutzung zunächst von einer Spedition und später dann einige Jahre lang von der Fahrradfabrik Schauff GmbH & Ko KG Remagen als Werkstatt, Ausstellungs- und Verkaufsraum genutzt. Mit Auslaufen des Mietvertrages zum Jahresende 2014 verließ Schauff das Gebäude. Dann blieb es jahrelang ungenutzt, stand jedoch kurz davor, als provisorische Unterkunft für Flüchtlinge hergerichtet zu werden. Als das nicht mehr nötig war und die Pirmin Jung Deutschland GmbH Interesse an der Immobilie zeigten, verkaufte die Stadt das Güterbahnhof-Gebäude an das Unternehmen.[1]
Ehemaliger Standort
Chronik[2]
In den Jahren 1936 bis 1939 wurde der Remagener Bahnhof modernisiert und erweitert. Nachdem der alte Güterschuppen wegen des Baus der B 9 abgerissen worden war, sind die heute noch an Gleis 11 stehende ehemalige Lagerhalle und ein Wasserhochbehälter mit einem Fassungsvermögen von 300 Kubikmetern neu gebaut worden. Zum ebenfalls geplanten Bau einer 23-Meter-Drehscheibe mit Ringlokschuppen kam es wegen des Kriegsausbruches nicht. Der heutige Firmensitz der Pirmin Jung Deutschland GmbH war also Teil der ehemaligen Güterabfertigung des Remagener Bahnhofs. Zwei bis drei Mitarbeiter fertigten dort Stückgut ebenso wie ganze Güterwaggons ab. In der aus roten Backsteinen gemauerten Halle wurde dabei Stückgut für die Abrechnung mit den Auftraggebern gewogen und zwischengelagert. Im Güterbahnhof Remagen wurde auch Fracht von heimischen Firmen aus dem Ahrtal und entlang der Rheinschiene abgefertigt, die eigene Gleisanschlüsse hatten – nämlich ...
- die Firma Erbslöh in Oberwinter,
- die Apollinaris GmbH Bad Neuenahr und
- die Fahrradfabrik Schauff GmbH & Ko KG Remagen.
Die Fahrradfabrik Schauff hatte ihren Gleisanschluss im Jahr 1969 erhalten, als sie von der Bergstraße ins Gewerbegebiet „Wässerscheid" übersiedelte. Auf dem Schauff-Gleisanschluss wurde regelmäßig Fahrräder zum Versand in Güterwagen geladen, die dann mit anderen Güterwagen mit Stückgut von Remagen zu einer großen Umladehalle nach Oberlahnstein gefahren wurden. Von Oberlahnstein erhielt die Güterabfertigung auch an jedem Werktag morgens auch Güterwagen mit Stückgut, die im Remagener Güterbahnhof abgefertigt wurden, bevor sie auf ihre letzte Etappe zu Kunden in der Region Remagen gingen. In den 1970er Jahren sind auf dem Schauff-Anschluss Überseecontainer in die USA verladen und Waggons für Persien beladen worden.[3] Bis zur Einstellung des Stückgutverkehrs durch die Deutsche Bahn im Jahr 1995 wurde dieser Anschluss fast täglich bedient. Nach 1995 sind dann aber nur noch sehr wenige Waggons verladen worden – auch deshalb, weil es kaum noch Empfänger mit eigenem Gleisanschluss zum Entladen gab. Heute ist der Gleisanschluss der Firma Schauff als einziger dieser Anschlüsse noch befahrbar.
Bis zur Stilllegung des Bahnhofs Adenau im Juni 1985 und der Ahrtalbahnstrecke oberhalb von Hönningen wurden auf dem Remagener Güterbahnhof auch ganze Wagenladungen voll Holz abgefertigt, die in den Eifelwäldern eingeschlagen und in Adenau verladen worden waren.
Kleinere Einheiten sind als Stückgut von der Güterabfertigung Remagen aus zu den Kunden gebracht worden oder umgekehrt - vorwiegend von den Bahnspediteuren Willi Becker und Heinz Becker sowie von der Firma Ludwig Klee aus Bad Breisig. Bedeutende Kunden waren etwa ...
- die Remagener Firma Integral Hydraulik (heute Integral Accumulator GmbH & Co. KG Remagen) und
- das Drahtziehwerk Klören in Hönningen.
Die Ladestraße befand sich dort, wo in den 1990er Jahren der Park-&-Ride-Parkplatz gebaut wurde. Nachdem die Bahn ihren Stückgutverkehr Mitte der 1990er Jahre eingestellt hatte, begann der Aufschwung von Lieferdiensten wie DHL, UPS und Amazon. Komplette Wagenladungen beförderte die Bahn noch bis Anfang 2000. Anschließend wurde die Güter-Lagerhalle von der Umzüge Becker GmbH Remagen genutzt, die zuvor langjähriger DB-Geschäftspartner für Stückgut gewesen war. Von 2000 bis Ende 2014 ist das Gebäude von der Fahrradfabrik Schauff GmbH & Ko KG Remagen, die sie von der DB-Immobilien angemietet und umfangreich saniert hatte, für den Verkauf genutzt worden.
Im Vorfeld der Bauarbeiten für den P-&-R-Parkplatzes auf der Südwestseite des Bahnhofs bot die Bahn das Gebäude der Stadt Remagen an – für 150.000 Mark, wie es hieß. Zu dieser Zeit verfügte Remagen aber nicht über das für einen Ankauf erforderliche Geld. Nachdem dann etwa zwei Jahre später das Schauff-Oktagon im Gewerbegebiet abgebrannt war, schlug der städtische Wirtschaftsförderer Marc Bors vor, dass Schauff das Lagergebäude des ehemaligen Güterbahnhofs übernimmt. Die Bahn wollte damals aber nur vermieten und lediglich die Option auf einen Kauf einräumen. Als irgendwann ein Preis genannt wurde – von einer Million Euro war die Rede – lehnte Schauff ab. Kurz vor dem Auslaufen des 15-jährigen Mietvertrages nannte die Bahn dann einen Preis von 600.000 Euro. Schauff entschied sich daraufhin, das Güterbahnhof-Gebäude zu verlassen und in den Verkauf wieder in die Wässerscheid zu verlagern. Dass hatte für die Fahrradfabrik auch den Vorteil, dass viel Fahrerei wegfiel.
Weil die DB Immobilien mit ihren Konditionen dann auch andere Kaufinteressenten abschreckte, stand das Gebäude einige Zeit leer – bis die Stadt Remagen den Bau im Februar 2016 kaufte, um dort Flüchtlinge unterzubringen. Der damalige Bürgermeister Herbert Georgi sagte der Rhein-Zeitung (RZ), die Stadt sei zu dieser Zeit noch in der Lage, ausreichend Wohnraum für Asylbewerber bereitzustellen. Im Sommer 2016 aber sei das möglicherweise schon nicht mehr der Fall. Bis dahin werde das Gebäude so hergerichtet ist, dass dort Flüchtlinge untergebracht werden können. Wenn das Backsteingebäude nicht mehr für die Flüchtlingsunterbringung gebraucht wird, könne es gewerblich genutzt werden.[4] Damals gab es wohl Zuschüsse für den Umbau als Notunterkunft. Nach dem Wegfall der Balkanroute kamen dann aber kaum noch Flüchtlinge, und die Stadt Remagen legte ihre Pläne für den zunächst geplanten Umbau zu den Akten.
Fußnoten
- ↑ Quelle: Neue Besitzer in Remagens Güterbahnhof begrüßt – Holzbauingenieursfirma will dort schon in einem Jahr einziehen, in: Rhein-Zeitung vom 15. Juni 2018
- ↑ Quellen: Wolfgang Groß und Jan Schauff
- ↑ Quelle: ahrtalbahn.de: Privatgleisanschlüsse in Remagen, gesehen am 2. September 2020
- ↑ Quelle: Rhein-Zeitung vom 27. Februar 2016