Jüdischer Friedhof Niederzissen
Auf dem jüdischen Friedhof Niederzissen wurden auch die in Burgbrohl, Bürresheim, Kempenich und Niederweiler verstorbenen Juden beigesetzt. Der erstmals im Jahr 1763 urkundlich genannten Friedhof der jüdischen Gemeinde Niederzissen ist heute nur noch zum Teil erhalten. Die ursprüngliche wesentlich größere Friedhofsfläche ist in den 1950er Jahren verkleinert worden. Der ehemalige Friedhof reichte bis zur Straße; auf dem vorderen Teil stehen heute Garagen. Der obere, kleinere Teil des Friedhofes liegt versteckt in einem kleinen Tannenwäldchen etwa 150 Meter südlich des Sauerbrunnens Niederzissen. Die Friedhofsfläche umfasst 11,64 Ar. 85 Grabsteine sind heute noch erhalten.
Lage
Der jüdische Friedhof Niederzissen liegt im Süden des Ortes im Bereich Ecke der Straßen Am Sauerbrunnen und Am Rothenberg.
Ansprechpartner
Sonstiges
Alte Basalt-, Tuff- und Kunststeine, die nicht alle besonders standfest sind, erinnern auf dem steilen und unebenen Gelände an die Zeit, als das Brohltal noch eine starke Synagogengemeinde hatte. Der Kultur- und Heimatverein hat einen Plan des Friedhofs erstellt. Das war schwierig, weil die Grabsteininschriften in hebräischer Schrift verfasst wurden und stark verwittert sind. Mit Hilfe von Digitalkamera und Computer-Bearbeitung wurde dennoch brauchbares Bildmaterial gewonnen, das der Verein an Gerd Friedt, einen Hebräischfachmann, zur Übersetzung nach München schickte. Informationen erhielt Brunhilde Stürmer auch auf dem Standesamt der Verbandsgemeinde Brohltal und im Landeshauptarchiv in Koblenz.
Verstorbene jüdischen Glaubens aus den Bereichen der Olbrück, Kempenich, Burgbrohl und Bürresheim wurden in Niederzissen gegen Entrichtung einer Gebühr an die Olbrücker Herrschaft beerdigt. Königsfeld, das zeitweise zur Synagogengemeinde Niederzissen gehörte, besaß einen eigenen Friedhof für Königsfeld, Dedenbach und Schalkenbach. Im Jahr 1852 erwarb die Synagogengemeinde Niederzissen nach langem Streit mit der Gemeinde den etwa einen Morgen großen "Judenkirchhof". Das Grundstück reichte bis zur Straße und war mit einer Hecke umfriedet. Dort wurden die Toten aus der gesamten Synagogengemeinde, also aus den Orten Burgbrohl, Galenberg, Glees, Hain, Kempenich, Oberzissen, Niederzissen, Rieden, Spessart, Wehr, Weiler und Volkesfeld beerdigt. Während der NS-Zeit wurde der aus etwa 500 Gräbern bestehende Friedhof geschändet. Das kunstvolle Eisentor war bereits im Jahr 1939 verschwunden; außerdem wurden Grabsteine wurden demoliert und Grabplatten zerschlagen. Im Jahr 1942 ist auf dem Friedhof die letzte Tote bestattet worden.
Weil die Gemeinde Niederzissen Firmen ansiedeln wollte, erwarb die Gemeinde im Jahr 1956 das Friedhofsgelände und teilte es zwei Jahre später. Grabsteine, die unbeschädigt geblieben waren, wurden damals vom unteren in den oberen Teil des Friedhofs versetzt. Im Jahr 1959 kaufte die Firma Blasberg, die nebenan ansässig geworden war, den unteren Teil.
Im oberen Teil - 1167 Quadratmeter und 20 Originalgräber groß - befindet sich der heutige jüdische Friedhof. "1983, bei der Flurbereinigung, hätte man den Friedhof wieder in seine ursprüngliche Form bringen können", erklärte Brunhilde Stürmer im Jahr 2007. "Stattdessen wurden aus dem unteren Gelände zwei Baugrundstücke gemacht, 1986 sogar Garagen darauf gebaut." Die 86 Grabsteine für 91 Verstorbene sind ostwärts gerichtet, also Richtung Jerusalem. Vier weitere sind im Jahr 1958 falsch herum aufgestellt worden. Außerdem gibt es auf dem Friedhof zwei Gedenksteine für ermordete Familienangehörige.
Weitere Bilder
Siehe auch
Mediografie
- Stephan Esten: Die Grabstätte des Leopold Kahn auf dem jüdischen Friedhof in Niederzissen, Heimatjahrbuch für den Kreis Ahrweiler 1994
- Gerd Friedt und Brunhilde Stürmer: Dokumentation zum Friedhof Niederzissen, ca. 2007
- Ein Stück Geschichte: Der jüdische Friedhof in Niederzissen - Kultur- und Heimatverein informierte Bürger vor Ort, in: Rhein-Zeitung vom 11. September 2007
- Odyssee eines Grabsteins endet – Nach mehr als 20 Jahren kehrte eine Stele auf den jüdischen Friedhof in Niederzissen zurück - Feierliche Enthüllung, in: Rhein-Zeitung vom 12. Oktober 2007
- Brunhilde Stürmer: „Seine Seele sei eingebunden im Bündel des Lebens". Der Grabstein des Hermann Feit (1765 - 1845) auf dem jüdischen Friedhof in Niederzissen, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 2009, S. 166
- Gerd Friedt/Brunhilde Stürmer: Seit undenklichen Zeiten ... Der jüdische Friedhof in Niederzissen, hrsg. v. Kultur- und Heimatverein Niederzissen e.V., Niederzissen 2012
- Einladung des Kultur- und Heimatvereins: Sinziger Denkmalverein zu Gast in Niederzissen, general-anzeiger-bonn.de vom 7. Oktober 2013
- Seit 14 Jahren Aufgabe des örtlichen Kultur- und Heimatvereins - Frühjahrsputz auf jüdischem Friedhof Niederzissen, blick-aktuell.de, 31. Mai 2021
- Hans-Willi Kempenich: Kultur- und Heimatverein beteiligt sich an jüdischer Kultur: Nicht unter jedem Grabstein ist auch ein Grab, rhein-zeitung.de, 15. September 2021
- Kultur- und Heimatverein und Gemeinde Niederzissen aktiv - Frühjahrsputz und Holzfällung auf jüdischem Friedhof, blick-aktuell.de, 23. Mai 2023