Waldruhestätte RheinRuhe (Bad Breisig)
„Zwischen Bergen und Burgen, hoch über dem großen stillen Strom, hoch über dem Rhein unter den Wipfeln eines Baumes geborgen sein“, heißt es in der Broschüre über die Waldruhestätte "RheinRuhe" in Bad Breisig. Dabei handelt es sich um ein naturbelassenes Gelände zur Urnenbestattung auf der Augustenhöhe oberhalb des Freizeitpädagogischen Zentrums „Eifeldorf“ im Bad Breisiger Stadtwald. Die Ruhestätte, die sich über einen zehn Hektar großen Wald wurde am 8. Dezember 2007 eröffnet – nach Zustimmung durch den Stadtrat Bad Breisig und den Bauausschuss der Stadt Bad Breisig sowie nach den erforderlichen bau- und friedhofsrechtlichen sowie landespflegerischen Genehmigungen durch die Kreisverwaltung Ahrweiler und die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier. Jeder Baum wurde mit Satellitennavigation eingemessen und mit einer Nummer versehen. „Solum“, „Pinus“, „Ramus“ und „Corona“ heißen die vier Teilstücke der RheinRuhe, deren genaue Position auf Schildern verzeichnet ist. In dem Waldstück findet keine Forstwirtschaft mehr statt; außerdem wird das Waldstück nicht mehr bejagt. Die Stadt Bad Breisig führt die RheinRuhe in Eigenregie; Organisationen wie Friedwald oder Ruheforst hat sie sich nicht angeschlossen.
Lage
Ansprechpartner
Jan Seehafer (seit Herbst 2021), Vorgänger: Förster Bernd Hoffmann (Waldorf)
Chronik
Im Dezember 2007 wies die Stadt Bad Breisig ein zehn Hektar großes Gebiet ihres Stadtwaldes als Bestattungswald für Urnenbestattungen aus. Von den rund 1000 Bäumen in der RheinRuhe sind es überwiegend Buchen, Eichen, Lindenbäume oder Wildkirschen, aber auch Walnüsse, Kiefern und Lärchen, unter denen jeweils bis zu zwölf Urnen in die Erde gebracht werden können. So gibt es dort also insgesamt 12.000 Begräbnisstätten.
Die FDP-Fraktion hatte die Idee eines "Friedhofs im Wald" in den Stadtrat Bad Breisig eingebracht. Dabei stand zunächst der monetäre Aspekt im Vordergrund. Im Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde Bad Breisig wurden für den geplanten Ruheforst zunächst mehrere Areale in Betracht gezogen – darunter das von Freizeitsportlern genutzte Gelände auf der Mönchsheide. Den Zuschlag erhielt am Ende aber die Augustenhöhe. Anregungen für Anlage und Betrieb des Ruheforstes holten sich die Bad Breisiger Planer auch im RuheForst Hümmel.
Seine Zustimmung zu der neuen Bestattungsform signalisierte Sime Mladen Karlic, damals Pfarrer der Katholischen Pfarreiengemeinschaft Breisiger Land, indem er die Eröffnungsfeier besuchte, wie die Rhein-Zeitung berichtete. Es sei ein Zeichen der Zeit, dass sich die Menschen die Form ihrer Bestattung aussuchen können. "Die Kirche kann sich da nicht abkapseln", sagte Karlic; deshalb werde sie auf Wunsch auch Bestattungen in der RheinRuhe begleiten. Die Evangelische Kirchengemeinde Bad Breisig hatte ihre Zustimmung bereits im Vorfeld der Eröffnung bekundet. Die Baummalerin Eleonora Heine-Jundi (†) beschrieb den Baum bei der Einweihungsfeier als symbolträchtiges Lebewesen, das in vielen alten Kulturen und auch im Christentum eine große Rolle spiele, und formulierte:
- Wir Wanderer zwischen zwei Welten sind im Leben wie im Tode gut aufgehoben in einem Wald, in dem die größten Pflanzen – unsere Bäume – eine Kathedrale bilden, einen Raum des Friedens und der Ruhe.
Pro Baum würden zwölf Bestattungsflächen eingerichtet, schrieb die Rhein-Zeitung am 23. Juni 2007. Es werde aber auch die Möglichkeit eingeräumt, einen Baum komplett zu kaufen. Grabflächen könnten jeweils für 50 Jahre gepachtet werden – mit der Option auf weitere 50 Jahre. Der Preis hänge vom Baum-Durchmesser ab. Die Preise bei der Eröffnung des Waldfriedhofs:
- Hat der Baum einen Durchmesser unter 40 Zentimetern, kostet die Grabstelle 350 Euro (1950 Euro für den kompletten Baum). Eine Grabstelle unter einem 40 bis 59 Zentimeter dicken Stamm wird mit 550 Euro berechnet (2750 Euro für den ganzen Baum). Ab 60 Zentimeter Durchmesser kann die Urne für 670 Euro beigesetzt werden (3500 Euro für den Baum).
Hinzu kämen 200 Euro pro Bestattung für das Öffnen des Grabes sowie für Beisetzung und Schließung. Damit Bestattungsplätze für die Angehörigen von Verstorbenen wiederauffindbar sind, könne eine kleine Plakette in Scheckkartengröße angebracht werden. Die „Rheinruhe“ bleibe „vollkommen naturbelassen.“ Bei der Gestaltung werde das alte Wegenetz einbezogen und durch kleinere Pfade ergänzt, damit auch Menschen ihre Verstorbenen besuchen können, die nicht gut zu Fuß sind. Bewirtschaftet werde der Wald vom zuständigen Förster und zwei Waldarbeitern.
Das Herrichten der Ruhestätte ließ sich die Stadt Bad Breisig 140.000 Euro kosten; die Hälfte davon schoss das Land aus seinem Investitionsstock zu. „Als städtischer Friedhof ist die ‚RheinRuhe‘ ein Novum in der Branche“, berichtete die Rhein-Zeitung am 7. Dezember 2009. Der Bad Breisiger Ruheforst werde „der erste sein, der nicht in privater Trägerschaft steht.“ Anders als herkömmliche Friedhöfe werde der Ruheforst jedoch professionell beworben. Mit der Vermarktung hat die Stadt deshalb eine Marketingagentur beauftragt, die unter anderem mit einer Website und Flyern für die Rheinruhe wirbt. Fünf grüne Bäume über zwei blauen Wellen, dazu der Slogan "Ewiger Frieden im Wald von Bad Breisig" – das wurde als Markenzeichen der "RheinRuhe" kreiert.
Der zum Friedwald gehörende Parkplatz liegt am Ende der Sebastian-Kneipp-Straße in Bad Breisig.
Bis März 2016 nahm Revierförster Bernd Hoffmann in dem Ruheforst etwa 950 Beisetzungen vor. „Die Tendenz ist von Jahr zu Jahr steigend, allein im Jahr 2015 waren es mehr als zweihundert“, sagt er der Rhein-Zeitung. Wer sich für diese Bestattungsart entscheidet, erwirbt beim Krematorium eine kompostierbare Aschekapsel, um die herum, falls gewünscht, eine weitere, ebenfalls zersetzbare Überurne beim Bestatter gekauft werden kann. Blumen oder sonstige Gegenstände dürfen in der RheinRuhe nicht abgelegt werden. Einmal monatlich bietet Revierförster Bernd Hoffmann eine Führung durch den Ruhewald an. Die Gebührenordnung im März 2016:
- Die Kosten für eine Urnengrabstätte richten sich nach dem Durchmesser des Baumes in Brusthöhe. Beträgt er weniger als 40 Zentimeter, dann kostet die Ruhestätte 550 Euro, bei 40 bis 59 Zentimetern 860 Euro und bei mehr als 60 Zentimetern 1050 Euro. Die Kosten für einen Gemeinschaftsbaum mit maximal zwölf Urnengrabstätten, der für einen Zeitraum von fünfzig Jahren erworben wird, richten sich ebenfalls nach dem Baum-Durchmesser. Beträgt er weniger als 40 Zentimeter kostet der Baum 3050 Euro, zwischen 40 bis 59 Zentimetern 4300 Euro und ab 60 Zentimetern 5500 Euro. Für das Ausheben der Grube, die Beisetzung der Urne sowie für das Verschließen des Grabes werden 210 Euro in Rechnung gestellt.[1]
Siehe auch
- Bestattungswald Ahrbrück
- RuheForst Hümmel
- Waldfriedhof Bad Breisig
- Revierförster Jan Seehafer kümmert sich mit zwei Mitarbeitern um die Bäume in der RheinRuhe.
Mediografie
- Verbandsgemeindeverwaltung Bad Breisig schafft Klarheit in Sachen RheinRuhe – In Pietät verletzte Angehörige erhalten individuelle Lösungen durch Stadt Bad Breisig, blick-aktuell.de, 19. Juni 2020
- Haupt- und Finanzausschuss Wirtschaftsförderung und der Ausschuss für Umwelt-, Natur- und Klimaschutz der Stadt Bad Breisig tagten in Sachen RheinRuhe – Es soll wieder Ruhe einkehren in der RheinRuhe, blick-aktuell.de, 13. August 2020
- Nicolaj Meyer: Zutritt verboten: RheinRuhe bleibt Gefahrenzone, rhein-zeitung.de, 14. August 2020
- Sven Westbrock: In Bad Breisig: Arbeiter reißen Eiche in Friedwald um, general-anzeiger-bonn.de, 3. Februar 2021
- Kein Anspruch auf Neupflanzung eines Friedbaums mit einem Stammdurchmesser von mindestens 20 cm - VG weist Klage ab, kostenlose-urteile.de, 18. Oktober 2021
- Nicolaj Meyer: Weitere Unruhe um RheinRuhe - Gerichtsurteil um Waldfriedhof sorgt erneut für Ärger, auch im Fall von Hans-Georg Marx, in: Rhein-Zeitung vom 9. Dezember 2021
- Celina de Cuveland: Baumsterben auf dem Waldfriedhof: Der Klimawandel nagt an den Ruhewäldern, rhein-zeitung.de, 22. Februar 2023
Weblink
Fußnoten
- ↑ Quellen: Judith Schumacher: Letzte Ruhestätte in unberührter Natur: 950 Beisetzungen auf der Breisiger RheinRuhe seit 2007, in: Rhein-Zeitung vom 24. März 2016, und Judith Schumacher: Revierförster in besonderer Mission: Die Tätigkeit auf der RheinRuhe hat Bernd Hoffmann Erfahrungen gebracht, die sein Leben verändert haben, in: Rhein-Zeitung vom 24. März 2016