Wilhelm Woßmann

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„Akazienkreuz“ am Turm der St.-Laurentius-Kirche
Johannes Menzen (Ahrweiler) (v.l.) und Harry Müller bergen das Kreuz nach dem Ende der Weihnachtszeit.
Ladenlokal von Wilhelm Woßmann neben dem Alten Zunfthaus

Der Kunstgärtner und Samenhändler Friedrich Wilhelm Woßmann († 1955), der in der Oberhutstraße in Ahrweiler lebte, war von 1908 bis zu seinem Tod Mitglied im Elitecorps der St. Sebastianus Bürgerschützengesellschaft Ahrweiler. Gleich neben dem Saal des Alten Zunfthauses hatte er eine Gärtnerei mit Blumenladen und Sämereien-Handel. Später war dieses Haus unter dem Namen Gärtnerei Hartwich bekannt. Neben seinem Laden hielt Woßmann im Auftrag der Reichsbahndirektion in Köln die Bahndämme sauber und pflegte die Bahnhöfe in Köln und Umgebung. Dazu beschäftigte er während der Saison mehr als 100 Arbeiter.


Das „Akazienkreuz“

Das Akazienkreuz, das seit fast einem Jahrhundert Jahr für Jahr von Heiligabend bis zum Ende der Weihnachtszeit an Mariä Himmelfahrt, 2. Februar, während der Dunkelheit weithin sichtbar über der Turmuhr der St.-Laurentius-Kirche in Ahrweiler leuchtet, hat das Rotweinstädtchen eigentlich den Kommunisten zu verdanken. Die wollten nämlich in den 1920er Jahren am Südrand des Marktplatzes, dort, wo einst das Kaufhaus Bernhards stand und wo die Kreissparkasse heute eine Geschäftsstelle betreibt, Räume für einen Treffpunkt herrichten.

Diese Bestrebungen wurden in Ahrweiler mit großem Argwohn beobachtet. Die traditionsbewussten Bewohner des Rotweinstädtchens befürchteten nämlich, dass es zum Eklat kommt, wenn die Bürgerschützen auf dem Marktplatz paradieren. Denn die Kommunisten waren Gegner des örtlichen Schützenwesens. Wilhelm Woßmann konnte das befürchtete Unglück dann aber abwenden: Der Inhaber eines Gartenbaubetriebs in der Oberhut überließ den Kommunisten seiner beiden in Bachem stehenden Baracken, in denen er normalerweise seine Saisonarbeiter unterbrachte. Woßmann dankte dem Herrgott dafür, indem er das mehr als drei Meter hohe und etwa 40 Kilogramm schwere „Akazienkreuz“ stiftete und mit 76 Glühbirnen ausstatten ließ. Woßmann ließ das Kreuz aber auch deshalb anfertigen, weil er meinte, dass es der mehr als 700 Jahre alten Pfarrkirche in der Weihnachtszeit an einem würdigen Schmuck fehle.

Der Heimatforscher Werner Schüller fand heraus: „Woßmann konnte sich das leisten, denn trotz Weltkrieg und wirtschaftlichem Zusammenbruch war er ziemlich vermögend.“ Geld verdiente er nämlich nicht nur mit seiner Gärtnerei und Sämerei neben dem Zunfthaus. „Er kassierte beim Staat tüchtig ab.“ Woßmann hatte nämlich eine Marktlücke entdeckt: Er schloss mit der damaligen Reichsbahndirektion in Köln Verträge über die Sauberhaltung der Bahndämme und die Pflege der Bahnhöfe in Köln und Umgebung. Dazu beschäftigte er während der Saison mehr als 100 Arbeiter, die ständig mit dem Mähen und der Pflege von Bäumen und Sträuchern auf den Bahngrundstücken beschäftigt waren. Das breite Wurzelwerk der Akazien half, die Bahndämme zu festigen. Wegen ihrer Wuchskraft mussten diese Bäume aber laufend zurückgeschnitten werden, was Woßmann willkommene Einnahmen bescherte.[1]

Dass Schreiner Friedrich aus der Oberhut, als er das Kreuz in Woßmanns Auftrag zimmerte, gar nicht Holz der zu den Mimosengewächsen zählenden Bauart verwendete, sondern Eiche, weiß in Ahrweiler noch heute fast jedes Kind. Woßmanss Kruzifix wird in Ahrweiler aber auch „Kreuz des Vertrauens“ genannt. Denn der Unternehmer hatte es zwar anonym gestiftet, verriet seinen Freunden und Bekannten aber, ganz Rheinländer, hinter vorgehaltener Hand und „ganz im Vertrauen“ selbstverständlich, dass er der Stifter war, wie Heimatforscher Karl Heinen weiß.

In den ersten Jahren stellte Willi Müller aus der Oberhut das Kreuz auf, damit es an Heiligabend nach der Christmette erstmals wieder leuchten konnte. Später erledigte das sein Vater Harry. Das ursprüngliche Kruzifix gibt es seit den 1970er Jahren allerdings gar nicht mehr, wie sich Johannes Menzen erinnert. Der Holzkorpus ist damals komplett erneuert worden. Und um es vor der Witterung zu schützen, wurde er mit Messingblech beschlagen. Statt der Glühbirnen von einst wird das Kruzifix heute von 76 Zwei-Watt-LED erleuchtet.

Johannes Menzen packte im Februar 1963, damals 14-jährig, zum ersten Mal beim Einholen des Kreuzes mit an. 2023 wird er diese Tätigkeit, bei der er seit vielen Jahren von Harry Müller unterstützt wird, zum 60. Mal aus. Ehrenamtlich. Ob in der Etage über den Glocken dann wieder, wie vor Jahren bei Menzens 50., mit einem Spätburgunder angestoßen wird, darüber sei noch nicht entschieden.

Der Festtag „Maria Lichtmess“ am 2. Februar ist inzwischen zwar aus dem Alltag nahezu verschwunden. Selbst in der katholischen Kirche endet die Weihnachtszeit seit der Liturgiereform von 1970 bereits am Sonntag nach dem Dreikönigstag am 6. Januar. Deshalb sind es immer weniger Pfarrgemeinden, die die Erinnerung an diesen alten Festtag wach halten - unter ihnen die St.-Laurentius-Pfarrgemeinde Ahrweiler mit ihrem „Akazienkreuz“ und die Hutengemeinschaft „Hl. Maria“ Adenbachhut, in deren Bereich die St.-Laurentius-Kirche steht: Weil die Gottesmutter die Schutzpatronin dieser Hut ist, feiert die Hutengemeinschaft Jahr für Jahr am Wochenende vor oder nach Maria Lichtmess (2. Februar) ihr Hutenfest.

Mediografie

Anton Simons/Sven Westbrock: Ein Akazienkreuz aus Eiche - Leuchtendes Symbol an der Laurentius-Kirche erinnert an Festtag, der früher die Weihnachtszeit beendete, general-anzeiger-bonn.de, 21. Januar 2021

Fußnoten

  1. Quellen: Günther Schmitt: Das Geheimnis des Kreuzes – Heimatforscher Werner Schüller hat die Geschichte des Stifters Wilhelm Woßmann ergründet, in: General-Anzeiger vom 14. Januar 2012, Seite 15, und 1125 Jahre Ahrweiler: Das beleuchtete Kreuz am Turm der Laurentius-Kirche, blick-aktuell.de vom 22. Januar 2018
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