Innovations- und Gründerzentrum für Pharmazie, Medizintechnik, Lebensmittelchemie und Kosmetik GmbH Sinzig

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Dieses Gebäude wurde ursprünglich für die Innovations- und Gründerzentrum für Pharmazie, Medizintechnik, Lebensmittelchemie und Kosmetik GmbH Sinzig gebaut, das sich aber rasch als Flop erwies.

Das 4,8 Millionen Euro teure Innovations- und Gründerzentrum für Pharmazie, Medizintechnik, Lebensmittelchemie und Kosmetik (IGZ) am Kranzweiherweg in Sinzig wurde zu 55 Prozent aus dem Bonn-Berlin-Ausgleich des Bundes finanziert, 25 Prozent übernahm das Land, jeweils 15 Prozent trugen der Kreis Ahrweiler und die Stadt Sinzig als Gesellschafter. Am 3. Mai 2004 ist die Einrichtung eröffnet worden. Da sich keine Existenzgründer mit Interesse am IGZ fanden, mussten Stadt und Kreis die Notbremse ziehen: Drei Jahre nach der Eröffnung schlossen sie die Einrichtung wieder. Bis dahin hatten sie jeweils jährlich rund 200.000 Euro Zuschüsse ins IGZ gepumpt. Weil der Gesellschaftszweck, die Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Struktur in und um Sinzig, verfehlt wurde, mussten Fördermittel des Bundes und des Landes zurückgezahlt werden. Um diese Rückzahlung zu ermöglichen, nahmen die Gesellschafter Kredite über 3,5 Millionen Euro auf. Das Inventar wurde nach der Schließung weitgehend verkauft, das Gebäude 2006 für 15 Jahre dem Andernacher Pharmazie-Unternehmen Finzelberg überlassen.


Standort

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Konzept

Das IGZ sollte, hieß es vor Baubeginn, aus einem architektonisch anspruchsvollen Bürogebäude mit Seminar-Bereich (Gesamtfläche: 1500 Quadratmeter) und einem Technikums-Gebäude mit High-Tech-Laborflächen (Fläche: rund 500 Quadratmeter, davon 100 Quadratmeter Reinraum-Laborfläche) bestehen. Insgesamt waren acht Vermietungseinheiten vorgesehen. Zusätzlich sollten drei Büroräume als Inkubator-Einheiten für Gründungs-Interessierte in der Vorgründungsphase zur Verfügung stehen. Neben der Bereitstellung dieser Mietflächen sah das Konzept einen umfassenden Service, qualifizierte Existengründer-Beratung sowie die betriebswirtschaftliche und kaufmännische Betreuung der Jung-Unternehmer vor, die sich für befristete Zeit in Büro-, Geschäfts- und Produktionsräume mit hervorragender technischer Infrastruktur für Forschungs- und Entwicklungs-Arbeiten einmieten sollten.

Chronik

Ende Januar 2001 unterschrieben Landrat Dr. Jürgen Pföhler und der damalige Sinziger Bürgermeister Norbert Hesch beim Sinziger Notar Dr. Anton Vomweg den Gesellschaftervertrag. Nachdem die Erd- und Rohbauarbeiten auf den Weg gebracht waren, ging Landrat Dr. Jürgen Pföhler davon aus, dass das IGZ in der zweiten Jahreshälfte 2003 eröffnet werden konnte. Richtfest war dann am 10. Februar 2003, im November 2003 wurde das Haus bezogen. Offizielle Eröffnung nach rund 20 Monaten Bauzeit war am 3. Mai 2004. An diesem Tag war auch ein erster Mieter präsent, der jedoch seine Unternehmensgründung in der Folge doch nicht vollzog. Wenig später wurde über Projekte der LTS Lohmann Therapie-Systeme ein pharmazeutischer Schwerpunkt der Gebäudenutzung konkret. Folgerichtig wurde gemeinsam mit den Gesellschaftern eine strategische Fokussierung auf die pharmazeutische Technologie erarbeitet.

Gesellschafter waren zunächst zu 50 Prozent die Stadt Sinzig und der Kreis Ahrweiler. Ab Februar 2003 waren Kreissparkasse Ahrweiler und Volksbank RheinAhrEifel eG Mitgesellschafter. Am 3. Mai 2004 hieß es, das IGZ verfüge über einen Pool aus 30 Beratern.

Die Geschäftsführung des IGZ lag zunächst kommissarisch bei Ernst Straatmann, dem damaligen Büroleiter der Stadtverwaltung Sinzig. Am 3. Juni 2002 berief die Gesellschafterversammlung einstimmig die aus Sinzig stammende Prof. Dr. Birgit Baum zur Geschäftsführerin. Sie übte dieses Amt bis Ende August 2004 aus. Vom 1. September 2004 bis Ende März 2005 lag die Führung der Geschäfte bei Guido Nisius, Wirtschaftsförderer der Kreisverwaltung Ahrweiler. Anfang April 2005 übernahmen Cathrin Pauly und Dr. Harald Borbe die Geschäftsführung. Mit den beiden wurde das IGZ auf den Bereich pharmazeutische Technologie spezialisiert. Die politisch Verantwortlichen, Landrat Dr. Jürgen Pföhler und dem Sinziger Bürgermeister Wolfgang Kroeger, besiegelten Ende 2005 war die Ausdehnung der Andernacher Firma ins Gewerbegebiet Sinzig-Ost, die sich das Gebäude per Mietkauf vertraglich sicherte.

Die Verträge mit den Geschäftsführern Pauly und Borbe liefen noch bis 31. März 2007. Ab April 2007 werde das IGZ nur noch von einem ehrenamtlichen Geschäftsführer geleitet, sagte Bürgermeister Wolfgang Kroeger, Vorsitzender der IGZ Sinzig GmbH, im August 2006.

Bereits im April 2006 hatte die Finzelberg GmbH & Co. KG mit Sitz in Andernach offiziell ihre neuen Räume im ehemaligen Innovations- und Gründerzentrum eingeweiht. IGZ-Geschäftsführer und -Mitarbeiter residierten von da an im Kreishaus in Ahrweiler. Mit der Einweihungsfeier und dem anschließenden Tag der offenen Tür für Mitarbeiter und deren Familien machte Finzelberg die Eröffnung seiner Labor- und Verwaltungsgebäude in Sinzig offiziell. 47 Mitarbeiter aus den Firmenzweigen Wissenschaft, Labor, Marketing und Vertrieb siedelten von Andernach in die Barbarossastadt um, hieß es. Das insgesamt 240 Mitarbeiter zählende Unternehmen konzentriere sich auf die Produktion pflanzlicher Extrakte für die pharmazeutische Industrie, exportiere Produkte für Tee, Nahrungsergänzungsmittel und Medizin in mehr als 50 Länder - und besetze in seiner Branche weltweit den dritten Platz.

"Die Übernahme durch die Firma Finzelberg ist ein Volltreffer für die Gesundheits- und Fitnessregion", zeigte sich Landrat Jürgen Pföhler im Juli 2006 erfreut. "Hier wurde mit einem Paukenschlag das geschafft, was 40 bis 50 Existenzgründungen in 15 Jahren entspricht. Zudem werden die kommunalen Haushalte entlastet", so Pföhler. Die bittere Pille: Die Subventionen, die innerhalb des Bonn-Berlin-Ausgleichs in den Kreis geflossen sind, mussten zurückgezahlt werden. "Jetzt hat die neue Regierung Gelegenheit, diesen Fehler zu korrigieren", so der Landrat. Es gebe weitere Überlegungen und Ideen, wie man den Standort Sinzig für Unternehmensgründer attraktiv gestalten könne. Das IGZ-Büro befinde sich jetzt in der Kreisverwaltung, so Pauly und Borbe. "Die Institution IGZ bleibt, nur die Immobilie ist weg."

Landrat Pföhler nannte die Ansiedlung von Finzelberg einen Meilenstein und eine "spektakuläre Großinvestition". Sie sei "die bislang größte Unternehmensansiedlung im Bereich Life-science im Kreis". Nach Angaben der Rhein-Zeitung vom 29. August 2006 sagte Pföhler, "die wichtigste Zielrichtung des Bonn-Berlin-Ausgleichs, hochwertige und dauerhafte Arbeitsplätze in der Region zu schaffen, sei durch die Komplett-Übernahme auf einen Schlag erreicht worden."

Sinzigs Bürgermeister Kroeger zog ebenfalls eine positive Bilanz. Durch die Ansiedlung in Sinzig sei der rheinland-pfälzische Unternehmensstandort der Firma Finzelberg gesichert worden. "Zudem wurden 46 Arbeitsplätze geschaffen. Mehr, als es durch IGZ-Ansiedlungen je möglich gewesen wäre", zitiert die Rhein-Zeitung.

Der Rechnungshof des Landes Rheinland-Pfalz kritisierte 2016 das Verhalten der Stadt, was das IGZ betrifft.[1]

Dass der Sinziger Kommunalpolitik das IGZ eines Tages auf die Füße fällt, war sicher wie das Amen in der Kirche. Am Montag, 23. November 2020, war es dann soweit: Im Rahmen seiner Haushaltsberatungen setzte sich der städtische Hauptausschuss damit auseinander, dass die Stadt bis zum 21. März 2021 ein 1,5-Millionen-Euro-Darlehen zurückzahlen muss, das sie einst aufgenommen hat, um dem zwischenzeitlich gefloppten Innovations- und Gründerzentrum auf die Sprünge zu helfen. Während der RheinAhrCampus Remagen, ebenfalls Bonn-Berlin-Ausgleichsprojekt, nach Bau-Problemen auf Erfolg abonniert war, erwies sich das IGZ rasch als Flop. Bürgermeister Andreas Geron erinnerte bei der Sitzung daran: Als Bonn-Berlin-Ausgleichsprojekt habe das IGZ einst dazu beitragen sollen, die Nachteile wettzumachen, die die Stadt Sinzig und ihr Umland durch den Wegzug großer Teile der Bundesregierung von Bonn hinnehmen mussten. Was „einst als Geschenk gedacht“ war, habe sich inzwischen „als klarer Nachteil für die Region entpuppt“. Einen juristischen Anspruch gegenüber dem Bund auf Erstattung der Darlehenssumme oder zumindest auf Unterstützung bei ihrer Tilgung könne die Rhein-Ahr-Region dennoch nicht geltend machen, vielleicht aber einen moralischen, so Geron. Friedhelm Münch (FWG), seit mehr als einem Vierteljahrhundert Gremiumsmitglied, nannte das IGZ „die unseligste Geschichte meiner Stadtratszeit“. Die Mandatsträger seien hier „hinters Licht geführt worden wie nie zuvor und danach“. Der Stadt werde nun die gesamte Schuld dafür aufgelastet, dass das Konzept für das ambitionierte IGZ-Projekt nicht aufgegangen ist. Aber Politiker auf Bundes- und Landesebene würden „sich wegducken und die Köpfe einziehen“, statt für Stadt und Region auf Unterstützung zu pochen. Die vielen nachgeborenen Stadtratsmitglieder mussten sich nun erstmals mit dem IGZ beschäftigen. Neben Friedhelm Münch gab es aber noch einen weiteren mit dem Thema vertrauten „alten Hasen“: Norbert Schmickler, in jener Zeit Mitglied des städtischen Bauausschusses. Er erinnerte daran, dass Norbert Hesch, damals Bürgermeister, den Rat früh und eindringlich warnte, dass das IGZ zum Reinfall werden könnte. Sinzig sei aber, zu einem guten Teil zumindest, „selber schuld an der Misere“. Nun müsse es darum gehen, den finanziellen Schaden für die Stadt so gering wie möglich zu halten. Bürgermeister Geron schlug vor, das Thema, um ihm größeres Gewicht zu geben, gemeinsam mit dem Kreistag Ahrweiler anzugehen. Denn auch der AW-Kreis muss ein Darlehen über 1,5 Millionen Euro tilgen, das er einst als IGZ-Mitgesellschafter aufgenommen hat. Franz Hermann Deres (CDU) regte an, dass sich Mandatsträger und Verwaltung zunächst die Stadtratsentscheidungen vergegenwärtigen, um eine solide Grundlage für Entscheidungen mit Erfolgsaussichten zu schaffen.[2]

Weitere Fotos

Siehe auch

Sabine Breuer-Becker

Mediografie

Fußnoten

  1. Siehe: Victor Francke: Haushalts- und Wirtschaftsführung geprüft: Landesrechnungshof kritisiert Sinzig, general-anzeiger-bonn.de vom 7. September 2017
  2. Quelle: Anton Simons: Techno-Zentrum kommt teuer zu stehen – Stadt Sinzig muss 1,5 Millionen Euro zurückzahlen. Auch der Kreis Ahrweiler wird zur Kasse gebeten, in: General-Anzeiger vom 25. November 2020
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