St.-Hubertus-Kapelle Birresdorf

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„Kleinod der Bauernkunst“: Eine figürliche Darstellung der Hubertusjagd auf einem Balken über dem Altar


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St.-Josef-Skulptur in einer Nische über der Eingangstür
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Altaraufsatz
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Die St. Hubertus-Kapelle am Hubertusweg in Birresdorf, Wahrzeichen und ältestes Gebäude des zur Gemeinde Grafschaft gehörenden Dorfes, hat im wörtlichen Sinne eine „bewegte“ Geschichte hinter sich. Nach langer Bauzeit wurde sie am 25. Mai 1671 eingeweiht. Als Kapellenpatron wählten die Birresdorfer St. Hubertus. Auf einem Querbalken oberhalb des Altars befindet sich eine figürliche Darstellung der Hubertusjagd, die Harry Lerch einmal als „Kleinod der Bauernkunst“ bezeichnete.[1]. Mit der stark zunehmenden Motorisierung ab der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die 9,50 mal 2,65 Meter messende Kapelle mehr und mehr zu einem Verkehrshindernis. Deshalb wurde über ihren Abriss und einen Neubau diskutiert. Aber nachdem bekannt geworden war, dass innerhalb der nächsten Jahre ein Grundstück nahe dem Kapellen-Standort frei werden würde, kam 1977 die Idee auf, die Kapelle zu verschieben. 1982 ist diese Idee umgesetzt worden: Am 23. April wurde die Kapelle zunächst etwa sechs Meter in südlicher Richtung versetzt. Am 26. April erfolgte dann eine Drehung um 90 Grad und sie wurde noch einige Meter nach Westen zu ihrem heutigen Standort gezogen.[2]


Standort

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Innenausstattung

Als Schutzpatron für die Kapelle entschieden sich die Birresdorfer für St. Hubertus, heute hauptsächlich als Patron der Jäger bekannt. Früher ist er vornehmlich zur Hilfe gegen die Tollwut gerufen worden. Besonders auffällig und einmalig ist deshalb im Innenraum auf einem Ankerbalken über dem kleinen Altarraum die wohl Ende des 18. Jahrhunderts entstandene Darstellung der Hubertusjagd als Szene der Hubertuslegende. Der kleine Altar mit der Figur des Apostels Matthias an der Spitze stammt nach Angaben von Ottmar Prothmann aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Links des Altars steht eine 1955 geschaffene Figur von St. Hubertus als Bischof. Viel älter ist dagegen die auf der anderen Altarseite stehende Pieta, eine Darstellung der Maria mit dem vom Kreuz abgenommenen Leichnam Jesu aus dem 17. Jahrhundert.

Chronik

In Birresdorf verfolgte Mitte der 1940er Jahre der Bankier Hermann Joseph Abs das Ziel, die St. Hubertus-Kapelle zu übernehmen. Der Kunstliebhaber plante, die Kapelle abzubauen, um sie dann in der Nähe seines 1941 gekauften Bentgerhofes wieder aufbauen zu lassen. Er dachte wohl daran, die Kapelle später einmal für sich und seine Frau als Grabstätte nutzen zu können.

Im Gegenzug dafür versprach Abs den Birresdorfern, einen Kapellenneubau im Ort mit einer beträchtlichen Summe zu unterstützen. Die Dorfbewohner zeigten sich nicht abgeneigt, sich vom alten Gotteshaus, das vermutlich um 1660 erbaut und im Mai 1671 eingeweiht worden war, zu trennen. Doch prompt folgte ein Veto aus Trier: Das Bischöfliche Generalvikariat meldete Bedenken an, die Kapelle nebst Altertümern, dem Altar, den Figuren und der Hubertusjagd, einem Privatmann zu überlassen. Zwar gehörte das Gotteshaus zum Eigentum der Gemeinde Birresdorf, doch die Überlassungspläne wurden schließlich aufgegeben.

Zu jener Zeit zeichnete der Leimersdorfer Pastor Josef Martin für kirchliche Neubauangelegenheiten verantwortlich. Er wusste um die finanziellen Nöte und Belastungen seiner Gemeinde nach den Kriegsjahren. Einem Neubau stand der Pastor grundsätzlich ablehnend gegenüber. Als Abs jedoch einen hohen Betrag im Tausch gegen die alte Kapelle in Aussicht stellte, schrieb Martin nach Trier: "Selbst bei Annahme dieses Angebotes ist der Bau einer neuen Kapelle unter den jetzigen Verhältnissen sehr schwierig und abzuraten. Er bringt den Leuten mehr Last, als sie denken, als sie erfüllen können und bringt ihnen gewiss auch eine Schuldenlast, die bei der Ungewissheit der wirtschaftlichen Entwicklung sehr drückend werden kann." Für sich traf Pastor Josef Martin die Entscheidung, dass es ausreicht, die Kapelle zu sanieren.

Im Herbst 1949 ermunterte die Bischöfliche Behörde den Pastor, Gelder für die Wiederherstellung der Kapelle zu sammeln. Martin zögerte nicht nur, sondern vertrat die Meinung, die Zeit fürs Sammeln von Geldern sei schlecht, zumal die Ernte nicht gut ausgefallen sei. Auch die Birresdorfer zeigten sich nicht übermäßig davon angetan, die Hubertuskapelle zu renovieren. Sie wollten ein neues, geräumiges Gotteshaus - bekommen haben sie es nie.

Es kam alles ganz anders: Die alte Kapelle ging 1982 auf Wanderschaft. Nach einigem Hin und Her zwischen der Kreisverwaltung Ahrweiler, dem Ortsbeirat Birresdorf und dem Kirchenvorstand, die für einen Abbruch des Gebäudes zu Gunsten einer neuen Straßenführung im Ort votierten, sowie dem Landesamt für Denkmalschutz in Mainz und dem Bischöflichen Generalvikariat in Trier, tat sich urplötzlich Mitte der 70er-Jahre eine neue Lösung auf. Die Familien Johannes und Gerd Watzig, die in der Kirchgasse 2 und 4 ihr Zuhause hatten, planten aus wirtschaftlichen Gründen, am Ortsrand von Leimersdorf einen neuen Hof aufzubauen. Im Frühjahr 1977 erkannte wohl ein Bearbeiter bei der Straßenverwaltung in Koblenz die sich nun bietende Möglichkeit, nach Abbruch der Watzig-Anwesen in der Kreuzstraße, den frei werdenden Platz nutzen zu können, um die Kapelle dorthin zu verlagern.

Im Herbst 1981 schrieb das Straßenbauamt Cochem das Versetzen der Hubertuskapelle öffentlich aus. Im April 1982 wurde das Gebäude um gut 20 Meter in den Hubertusweg versetzt. Dazu wurde die Kapelle mit einem 80 Zentimeter starken Stahlbetonring mit zwei Querbalken unterfangen und auf einer vorher errichteten Verschubbahn aus Stahlbetonfundamentplatten an ihren neuen Standort geschoben. Die Aktion - einschließlich des erforderlichen Drehvorgangs - dauerte nur rund zehn Stunden. Auch Hermann Joseph Abs erlebte die "Umbettung" der Kapelle noch. Er starb am 5. Februar 1994 im Alter von 93 Jahren. Weit zuvor hatte er das Anrecht erworben, in der alten Oedinger Kirche beerdigt zu werden. Abs und seine Frau haben dort längst ihre letzte Ruhe gefunden.

Die St. Hubertus-Kapelle wurde zur 900-Jahr-Feier des Ortes im Jahr 2011 erneut renoviert. Rechts neben der Eingangstür wurde eine Plakette zur Erinnerung an Eduard Profittlich angebracht, der 1890 in Birresdorf geboren, zum Erzbischof von Tallin in Estland ernannt und 1942 im russischen Kirow ermordet wurde.

Nachdem aus der alten Orgel, die mehr als 20 Jahre in Kapelle stand, kaum noch ein Ton heraus kam, segnete Pastor Alexander Burg während einer feierlichen Dankmesse am Abend des Sonntag, 28. April 2019, die 20.000 Euro teure neue digitale Sakralorgel der Hubertuskapelle ein. Sie war auf Beschluss des Birresdorfer Ortsbeirats angeschafft worden. „Es geht in Birresdorf ein Herzenswunsch in Erfüllung“, sagte Pfarrer Alexander Burg, „ich danke allen, die dazu beigetragen haben, dass dieses Instrument zur Ehre Gottes hier Wirklichkeit werden konnte.“ Die neue Orgel hat zwei Manuale, ein Pedale und 30 Register. Die Kapelle besitze nun die Orgel mit der größten Vielfalt an Registrierung, sagte Organist Heinrich Fuchs aus Eckendorf. Das etwa 5000 Euro teure neue Instrument stammt von dem italienischen Digitalorgel-Hersteller Viscount. In und an der Kapelle wurden außerdem Unterhaltungsarbeiten durchgeführt: Die Eingangstür ist neu gestrichen, der Fußboden auf der Empore erneuert, auf der die Orgel aufgebaut wird, und die Lampen mit LED-Leuchten bestückt worden. Auf einem Balken über dem Altar befindet sich eine figürliche Darstellung der Hubertusszene. Sie wird nun von den Seiten angestrahlt und dadurch hervorgehoben.[3]

Weitere Fotos

Siehe auch

St. Hubertus

Video

Mediografie

Fußnoten

  1. Harry Lerch: Eine Kapelle wird wandern, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1979, S. 45)
  2. Ottmar Prothmann: Hubertuskapelle in Birresdorf – Mittelpunkt der Dorfgeschichte (1996 als Festschrift zum 325-jährigen Kapellenjubiläum erschienen)
  3. Quellen: Neue Orgel hält Einzug in die Hubertuskapelle – In Birresdorf wird am 28. April groß gefeiert, in: Rhein-Zeitung vom 20. April 2019, und Horst Bach: Kleine Kapelle hat nun große Orgel – Birresdorf weiht neues digitales Sakralinstrument mit feierlicher Dankmesse ein, in: Rhein-Zeitung vom 30. April 2019
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