Telefonseelsorge Bad Neuenahr-Ahrweiler e.V.

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Der damalige Landrat Dr. Jürgen Pföhler (rechts) übergab im März 2011 eine Förderzusage über 11.000 Euro an Ingrid Hüttmann (v.l.) und Gisela Stick von der Telefonseelsorge.

Die Telefonseelsorge ist ein bundesweit kostenfreies Seelsorge- und Beratungsangebot der evangelischen und derr katholischen Kirche für Menschen in seelischer Not. Die Telefonseelsorge Bad Neuenahr-Ahrweiler e.V. nimmt unter der Rufnummer 0800 1110111 rund um die Uhr Anrufe aus dem Gebiet von Linz am Rhein bis nach Adenau entgegen – anonym und kostenlos. In vier Schichten gewährleistet die Telefonseelsorge eine 24-Stunden-Erreichbarkeit an 365 Tagen im Jahr. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter sehen ihre Aufgabe darin, Ansprechpartner für Menschen zu sein, die keinen Ausweg mehr wissen. Gemeinsam mit dem Verzweifelten am anderen Ende der Leitung suchen sie nach Wegen und Lösungsmöglichkeiten. "Behutsam und einfühlsam mit Anrufern umzugehen ist notwendig, um wirklich zu verstehen, was einen Anrufenden bewegt", sagte die damalige Vorsitzende Ingrid Hüttmann anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Telefonseelsorge im Jahr 2009. Manchmal genüge es, einfach nur zuzuhören. Einsamkeit, Krankheit, Armut und Beziehungskonflikte seien Gründe, weshalb Menschen bei der Telefonseelsorge anrufen. Immer häufiger würden sich die Gespräche um Arbeit, Schule, Ausbildung, Geld und wirtschaftliche Nöte drehen. Suizid sei ein häufiges Thema.


Anschrift

Postfach 1507

53460 Bad Neuenahr-Ahrweiler

Kontakt

  • Telefon 0800 1110111 und 0800 2220222 (kostenlos)
  • E-Mail info@ts-aw.de

Anrufe aus dem Festnetz und vom Handy (innerhalb des Kreises Ahrweiler) werden sofort an die Ahrweiler Telefonseelsorge geleitet. Die Kosten für die Anrufe, die auf keiner Telefonrechnung abgebildet werden und über die keinerlei Aufzeichnungen erfolgen, werden von der Deutschen Telekom übernommen.[1]

Sonstiges

Die Mitglieder des ehrenamtlichen Vorstandes sind auch zuständig für die Auswahl von Interessierten an der Telefonseelsorge-Ausbildung. Außerdem tragen sie dafür Sorge, dass professionelle Kräfte die Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie regelmäßige Supervisionssitzungen mit den ehrenamtlichen Telefonseelsorgern umsetzen können.

Ein Problem hätten fast alle Anrufer gemeinsam, sagte Gisela Stick der Rhein-Zeitung: Sie fühlten sich allein. „Doch Ratschläge geben wir nicht." Absolut tabu sei der persönlichen Kontakt.[2] Während manche Anrufer „nur“ reden wollte, gebe es immer wieder auch Anrufer, die ihrem Leben ein Ende setzen wollen. Das Thema Suizid sei ein wichtiger Bestandteil der Arbeit der Telefonseelsorge.

Gründung und Entwicklung

Eigentlich als Beratungsstelle für ältere und alleinstehende Menschen gedacht, wuchs sich das Projekt im Jahr 1979 zu einer Telefonseelsorge aus. Gründungsmitglied Paul Bruch erinnerte beim Festakt zum 20-jährigen Bestehen im November 1999 in der Evangelischen Friedenskirche Ahrweiler an die Anfänge. Pfarrer Hans Warnecke hatte Kontakte zur Telefonseelsorge in Koblenz und regte an, eine solche Stelle auch in Ahrweiler einzurichten. Von den fast 70 Personen, die beim Informationsabend Interesse an einer Mitarbeit zeigten, wurden 20 Kandidaten beider Konfessionen zur Ausbildung eingeladen. 8000 Mark von den evangelischen und katholischen Kirchengemeinden bildeten den finanziellen Grundstock. Zwar versagte das Bistum Trier im April 1979 seine Unterstützung, doch die Mitarbeiter ließen sich davon nicht beirren. Die Kursteilnehmer hospitierten im September bei der Telefonseelsorge in Koblenz, am 1. Oktober 1979 klingelte dann in Ahrweiler erstmals das Sorgentelefon.

Ingrid Hüttmann verabschiedete sich Anfang 2011 nach zehn Jahren als Vorsitzende. Die Jahreshauptversammlung der ökumenischen Telefonseelsorge hatte im Januar 2011 Gisela Stick zur neuen Vorsitzenden des gemeinnützigen Vereins gewählt. Nachfolgerin von Schriftführer Ulrich Steinhoff wurde Renate Kurth. In einer Bilanz ihrer Amtszeit sagte Ingrid Hüttmann Ende 2010: „Mein erstes Bestreben vor zehn Jahren war es, neue Mitarbeiter für die Arbeit am Telefon zu gewinnen, um mit einer erträglichen Belastung für jede und jeden Einzelnen den Dienst rund um die Uhr zu gewährleisten.“ Dieses Ziel sei erreicht worden: „Damals waren es 49 Mitglieder, heute sind es mehr als 80 Personen. Die Dienste werden vollständig von allen geleistet, und die Hilfesuchenden können sich auf uns verlassen. Die Einrichtung kann zudem einer finanziell gesunden Zukunft entgegensehen.“[3]

Am 24. Dezember 2011 berichtete Horst Bach in der Rhein-Zeitung:

86 Mitarbeiter der Telefonseelsorge Bad Neuenahr-Ahrweiler führten im Jahr 2010 rund 16.000 Gespräche. Zu den Hauptthemen gehörten Krankheit (2649 Gespräche), Familie und Verwandtschaft (1879), Einsamkeit und Vereinsamung (1841), Partnerschaftsprobleme (1710) sowie Sinn und Orientierung (1099). Im Durchschnitt dauerten die Gespräche 15 bis 30 Minuten. 1891 Gespräche dauerten rund eine Stunde, Telefonate von 90 und mehr Minuten wurden mehr als 1000 gezählt. 9592 Frauen und 6911 Männer wählten die Telefonseelsorge an. Die meisten Anrufer (4202) wählten die Nummer der Telefonseelsorge in der Zeit von 17 bis 20 Uhr. Gespräche (1735) in der Zeit von Mitternacht bis 4 Uhr in der Frühe und Anrufe (3618) in den Zeiten zwischen 8 und 12 Uhr waren ebenso keine Seltenheit. Die größte Gruppe der Anrufer (4078) sind Männer und Frauen im Alter zwischen 40 und 49 Jahren, 206 Anrufer waren älter als 80 Jahre, und 34 Kinder bis 9 Jahre suchten bei der Telefonseelsorge einen Gesprächspartner.

Landrat Dr. Jürgen Pföhler versicherte der neuen Vorsitzenden des Vereins, Anita Bröcher, im Oktober 2013, dass der Kreis Ahrweiler die Telefonseelsorge auch künftig unterstützen werde. Der jährliche Kreiszuschuss von 11.000 Euro sei fest im Haushalt eingeplant. Dieser Betrag und eingehende Spenden werden für die Ausbildung der ehrenamtlichen Mitarbeiter durch Psychologen, Fortbildungen und regelmäßige Supervision verwendet. Vermittelt werden dabei Themen wie Selbsterfahrung, Sucht, Suizid, psychische Erkrankungen und Gesprächsführung. Mehr als 14.000 Anrufe im Jahr gingen bei der Telefonseelsorge für den Kreis Ahrweiler ein, sagte Bröcher dem Landrat. Seit Jahren sei eine steigende Tendenz zu verzeichnen. Anlässe der Anrufer seien meist Probleme mit dem Partner, Arbeitsplatzverlust, Mobbing in Schule und Beruf, Sucht, Krankheit und Einsamkeit. "Solche Ereignisse und Verletzungen bringen Menschen oft an ihre Grenzen", s Bröcher weiter. Die 80 Mitarbeiter der Telefonseelsorge seien zwischen 25 und 85 Jahren alt. Die Telefonseelsorge Bad Neuenahr-Ahrweiler sei eine von nur zwei Einrichtungen in Deutschland, die ausschließlich ehrenamtlich betrieben werden. Alle weiteren Hilfsorganisationen beschäftigen und bezahlen auch hauptamtliches Personal.[4]

13.189 Mal wählten Menschen im Jahr 2013 die Nummer der Telefonseelsorge Bad Neuenahr-Ahrweiler. Im Jahr 2014 würden es voraussichtlich mehr als 15.000 Anrufe werden, berichtete die Rhein-Zeitung (RZ) am 23. Oktober 2014. Neuerdings seit die Telefonseelsorge Bad Neuenahr-Ahrweiler auch mit einer eigenen Homepage im Internet präsent. Zur Arbeit der Telefonseelsorge hieß es in der RZ weiter:

Abgewimmelt wird niemand. Der 49-jährige Arbeitslose, der nicht weiß, wie er weiterleben soll, ebenso wenig wie der 13-Jährige, der vor dem Ersten Mal mit seiner Freundin doch noch ein paar technische Fragen hat. ... Viele Anrufer haben sonst niemanden, der ihnen zuhört. Die Gründe, weshalb Menschen anrufen, sind unterschiedlich. Familiäre Probleme, Stress am Arbeitsplatz, Krankheit sind häufig wiederkehrende Themen. Die Zahl der Alleinerziehenden, die sich an die Telefonseelsorge wenden, hat zugenommen. Oft hilft es, zu trösten, zu ermutigen, einen Ausweg aus den sich im Kreise drehenden Gedanken aufzuzeigen. Mit fachlichen Ratschlägen halten sich die ehrenamtlichen Mitarbeiter allerdings zurück. ... Stattdessen haben die Telefonseelsorger Kontaktdaten von Fachberatungen an der Hand, die in konkreten Fragen der bessere Ansprechpartner sind. Aufgabe des Vereins ist der Beistand in seelischer Not. Einsamkeit ist mit Abstand der häufigste Grund. Der Partner lebt nicht mehr, die Kinder sind weit fort – manchmal bleibt nur die Nummer der Telefonseelsorge.[5]

Scherzanrufe seiend selten und meist schnell beendet, sagte die Vorsitzende Anita Bröcher der RZ. Juxanrufe von Jugendlichen hätten signifikant nachgelassen. Sexanrufe seien da schon ärgerlicher. Zu den schwierigsten Kapiteln gehörten Schockanrufe. In der RZ hieß es dazu:

Krasses Beispiel: Ein Mann, der am Telefon behauptet, dass er bereits eine tödliche Dosis Tabletten genommen habe und nun nicht alleine sterben wolle. Der aber beleidigt auflegt, als man ihm sagt, dann habe er sich ja wohl schon entschieden. „Es gibt Leute, die auf diese Weise versuchen, mit derartigen Geschichten Aufmerksamkeit zu erzwingen“, berichtet Bröcher. Solche Anrufe gilt es von ernst gemeinten Suizidabsichten zu unterscheiden. Es ist der einzige Fall, bei dem die Mitarbeiter der Telefonseelsorge versuchen, die Identität des Anrufers zu erfahren, um Leben zu retten.

Im Jahr 2015 zählte die Telefonseelsorge im Kreis Ahrweiler 16.000 Anrufe. 58 Prozent der Anrufer lebten allein. Überdurchschnittlich viele Anrufer gehörten der Gruppe der 40- bis 59-Jährigen an – „die Zeit also, wenn Ehescheidungen anliegen, die Kinder das Haus verlassen und man feststellt, dass die berufliche Karriere nicht so wie gewünscht verlief.“

Im Januar 2017 verfügt die Telefonseelsorge über 60 Telefonseelsorger im Kreis Ahrweiler.

Anlässlich ihres 40-jährigen Bestehens veranstaltete die Telefonseelsorge Bad Neuenahr-Ahrweiler im Februar 2019 eine 14-tägige Ausstellung in der Seniorenresidenz „Villa Sibilla“ Bad Neuenahr.[6]

Bei einer Mitgliederversammlung im Herbst 2024 wählte die Telefonseelsorge Bad Neuenahr-Ahrweiler in den neuen Vorstand für die nächsten zwei Jahre: Gabriele Merten, Michaela Ockenfels, Horst Lenz (Vorsitzender), Roswitha Kolle und Kurt Heinbach. Dank galt der scheidenden Vorsitzenden Inga Fischer-Morckel und ihrem Vorstand.[7]

Mitarbeit

Die Ausbildung dauert ein Jahr und besteht aus 90 Unterrichtsstunden. Dabei geht es um Themen wie Gesprächsführung, psychische Erkrankungen und Altersgebrechen. Dabei geht es darum, Kernkompetenzen für die Telefonseelsorge zu übernehmen. Dazu gehören aktives Zuhören, die Fähigkeit, Gespräch mit Empathie und Distanz zu führen, bisweilen auch die Fähigkeit, nach dem Thema hinter dem angesprochenen Thema zu suchen. Im Rahmen der Ausbildung lernen werdende Telefonseelsorger auch, sich selbst, ihre Würde und ihre Persönlichkeit zu schützen. Beleidigungen und Wutausbrüche des Anrufers gilt es auszuhalten und für eine positive Gesprächsführung nutzen. Denn häufig gelten harte Worte einer ganz anderen Person oder Situation. Anschließend wird hospitiert. Die erste Einsätze werden von erfahrenen Mitarbeitern begleitet. Nach abgeschlossener Ausbildung übernehmen neue Mitarbeiter monatlich drei Tageseinsätze von je fünf Stunden oder eine Nachtschicht. Regelmäßig stattfindende Supervisionstreffen sind für Telefonseelsorger ein bewährtes Hilfsmittel, um ihrer Aufgabe immer wieder gerecht zu werden. Wer sich für eine ehrenamtliche Tätigkeit für die Telefonseelsorge interessiert, kann sich unter folgender Adresse melden:[8]

Telefonseelsorge Bad Neuenahr-Ahrweiler
Postfach 1507
Bad Neuenahr-Ahrweiler
E-Mail vorsitz@ts-aw.de

Siehe auch

Portal "Notfälle & Notrufe"

Mediografie

Weblinks

Fußnoten

  1. Quelle: Rhein-Zeitung vom 24. Dezember 2011
  2. Quelle: Rhein-Zeitung vom 24. Dezember 2011
  3. Quelle: Rhein-Zeitung vom 1. März 2011
  4. Quelle: Telefonseelsorge Bad Neuenahr-Ahrweiler: Neue Vorsitzende und 14.000 Anrufe, general-anzeiger-bonn.de vom 10. Oktober 2013
  5. Quelle: Frieder Bluhm: Streit, Mobbing, Sexanrufe: Telefonseelsorge half 13.189 Mal, rhein-zeitung.de vom 23. Oktober 2014
  6. Quelle: Christine Schulze: Immer ein offenes Ohr – Mit einer Ausstellung macht die Telefonseelsorge Bad Neuenahr-Ahrweiler auf ihr 40-jähriges Bestehen aufmerksam, in: General-Anzeiger vom 12. Februar 2019
  7. Quelle: Neuer Vorstand der Telefonseelsorge, in: Rhein-Zeitung vom 18. Oktober 2024, S. 18
  8. Quelle: Gabi Geller: 16 000 Anrufe bei Telefonseelsorge – 60 ehrenamtliche Mitarbeiter blicken bei ihren Einsätzen in Schatten der Gesellschaft, in: Rhein-Zeitung vom 31. Januar 2017
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