ZF Friedrichshafen AG - Werk Ahrweiler
Das aus der Boge AG Bad Neuenahr-Ahrweiler hervorgegange Werk Ahrweiler der ZF Friedrichshafen AG war, gemessen an seiner Mitarbeiterzahl von zuletzt 280, einer der größten Arbeitgeber im Kreis Ahrweiler. Nach dem Ahr-Hochwasser vom 14./15. Juli 2021, bei dem ZF stark getroffen wurde, entschied die Unternehmensleitung, den angestammten Standort zu verlassen und an einen neuen Standort im Umkreis von 50 Kilometern umzuziehen.[1]
Anschrift und Lage
53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler (Stadtteil Ahrweiler)
Kontakt
- Telefon 02641 3891-0
- Fax 02641 3891-57
Leitung
Werkleiter Jan Holst
Technischer Leiter: Hans Joachim Marner
Gründung und Entwicklung
Als Boge GmbH nahm das Werk 1964 die Produktion von Federbeinen am Standort Ahrweiler auf. Dort wurden die ersten Dämpferaggregate für den Ford-Taunus gefertigt. Aufgrund der positiven wirtschaftlichen Entwicklung und die damit verbundene hohe Nachfrage nach Stoßdämpfern, war der damalige Boge-Stammsitz Eitorf an die Kapazitätsgrenze gestoßen. Die damalige Geschäftsführung entschied deshalb, in Ahrweiler eine weitere Produktionsstätte aufzubauen. Werkleiter Josef Jongen sagte bei einer Feier anlässlich des 50-jährigen Bestehen des Werkes in Ahrweiler, mehr als 160 Millionen Federbeine und Dämpfer hätten die Produktionsstätte bis dahin verlassen und seien in etwa 80 Millionen Fahrzeugen verbaut worden. Die Größe der Produktionsfläche wuchs von 4000 auf etwa 15.000 Quadratmeter. 130 Mitarbeiter fertigten im Gründungsjahr etwa eine halbe Million Federbeine und Federbeinsätze, also etwa 5000 Aggregate pro Mitarbeiter und Jahr. 2014 waren am Standort Ahwreil etwa 330 Mitarbeiter beschäftigt, die mit einer Produktivität von 12.500 Stück pro Mitarbeiter 4,1 Millionen Federbeine herstellen. Automatisierungen und Investitionen in neue Technologien machten diese Produktivitätssteigerung möglich. "Ein wesentlicher Beitrag ist aber auch in der hohen Qualifikation der Mitarbeiter begründet", sagte Werkleiter Jongen. Ständiges Lernen und Weiterqualifizieren sei zum Prinzip geworden. Eine kleine, aber überaus anerkannte und erfolgreiche Ausbildungsabteilung sorge in verschiedenen Berufsfeldern für Nachschub an qualifizierten Mitarbeitern. Jongen wies auch auf die überdurchschnittliche Treue der Mitarbeiter zum Unternehmen hin, die Stabilität, Kontinuität und Verlässlichkeit garantiere. Die Unternehmensführung arbeite daran, die Zukunft des Werkes Ahrweiler zu sichern. Der Wettbewerb unter den Automobilzulieferern, insbesondere bei Standard-Dämpferprodukten, sei hart und der Markt umkämpft. Für jeden Kundenauftrag und für jedes Nachfolgeprodukt müsse sich das Unternehmen neu anbieten.[2]
Im November 2014 wurde publik, dass sich die Mitarbeiter zunehmend Sorgen um das nicht mehr ausgelastete Werk machen. Die Angst vor Personalabbau oder gar einer Werkschließung ging um.
Die Zukunft des Werks sei gesichert, berichtete die Rhein-Zeitung (RZ) am 11. September 2015. Die zu dieser Zeit 310 Beschäftigten des Automobilzulieferers würden ihre Jobs behalten. Bis 2022 seien zudem betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen. Am Tag zuvor seien in der Konzernzentrale in Friedrichshafen die Unterschriften unter eine entsprechende Vereinbarung gesetzt worden. Monatelange Verhandlungen zwischen Betriebsrat und IG-Metall auf der einen und der Konzernführung auf der anderen Seite gingen dieser Vereinbarung voraus. Am Tag zuvor hatte die Unternehmensleitung der Presse mitgeteilt, im Rahmen eines standortübergreifenden Gesamtkonzepts zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Stoßdämpferproduktion innerhalb Deutschlands, das allerdings noch nicht final verabschiedet worden sei, habe sich die ZF Friedrichshafen AG mit dem Betriebsrat in Ahrweiler und der IG Metall über die zukünftige Ausrichtung des Standorts Ahrweiler verständigt. Die Vereinbarung sehe vor, die Kosten an die Marktanforderungen anzupassen und innovative Komponenten in Ahrweiler zu fertigen. In Ahrweiler wurden zu dieser Zeit konventionelle Federbeine gefertigt. Sie würden in Zukunft durch andere, technische aufwendigere Komponenten ersetzt. „Bis die Fertigung der neuen Komponenten an dem Standort hochgelaufen ist, greift ein Maßnahmenkatalog, um mögliche Unterauslastungen zu kompensieren“, erklärte ZF. Dass es zu der Vereinbarung kam, sei auch ein großer Verdienst der Belegschaft, die durch viele Aktionen, Betriebsversammlungen, Demonstration in der Innenstadt und vielen Gesprächen mit örtlichen und Landespolitikern auf ihre Situation aufmerksam gemacht habe, sagte der Betriebsratsvorsitzende Pascal Delord der RZ. Unter dem Motto „Nein zum Tod auf Raten – Kampf um jeden Arbeitsplatz“ sei Druck auf die Konzernspitze aufgebaut worden. Markus Eulenbach, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Neuwied, ergänzte, die Einigung sei auch deshalb möglich geworden, weil die Beschäftigten bereit gewesen seien, durch Arbeitnehmerbeiträge diese Perspektive mitzutragen. Zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen werde die Wochenarbeitszeit während einer Überbrückungsphase bis Anfang 2017 um eine Stunde gekürzt. Zudem werde geprüft, ob Kurzarbeit beantragt werden kann. Eine mögliche Ausleihe von Mitarbeitern hin zu einem tarifgebundenen, benachbarten Unternehmen werde ebenfalls in Betracht gezogen.[3]
Beim Ahr-Hochwasser vom 14./15. Juli 2021 wurde das Werk schwer in Mitleidenschaft gezogen. In dem Werk stand das Wasser zwei bis drei Meter hoch. Die Überschwemmungslinie einer neuen Risikokarte des Landes Rheinland-Pfalz läuft mitten durch das alte Werk. Am 20. September 2022 teilte die ZF Friedrichshafen AG mit, dass sie ihr Werk in Ahrweiler schließen und im Jahr 2024 eine neue Betriebsstätte in Niederzissen eröffnen will. Rund 280 Beschäftigte sind betroffen.
Am 07. Juli 2023 teilte die ZF Friedrichshafen AG mit, dass der Umzug aus wirtschaftlichen Gründen auf die zweite Jahreshälfte 2026 verschoben wird.[4]
Video
Mediografie
- Jakob Rausch: Firma Boge GmbH in Ahrweiler, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1968
- Kurzarbeit bei ZF Sachs in Ahrweiler: Presseprecher schließt Entlassungen aus, general-anzeiger-bonn.de vom 3. März 2009
- Andreas Mühl: Auto-Zulieferer ZF schafft 5000 neue Jobs, general-anzeiger-bonn.de vom 24. April 2011
- Günther Schmitt: Sorge um Arbeitsplätze - Betriebsrat von Stoßdämpferwerk ruft zu Demo auf, general-anzeiger-bonn.de vom 6. November 2014
- Christoph Lüttgen: Protestmarsch zum Ahrweiler Marktplatz: Beschäftigte fordern Standort-Sicherung, general-anzeiger-bonn.de vom 10. November 2014
- ZF will für Werk in Ahrweiler bis 23. Januar ein Konzept vorlegen, rhein-zeitung.de vom 11. Dezember 2014
- ZF Friedrichshafen AG - Mitarbeiter bangen um ihre Arbeitsplätze, general-anzeiger-bonn.de vom 11. Dezember 2014
- Wirtschaft in Ahrweiler: Betriebsrat kontra Konzern, general-anzeiger-bonn.de vom 28. Januar 2015
Nach dem Ahr-Hochwasser vom 14./15. Juli 2021
- Ulla Thiede: Folgen der Flutkatastrophe: Sorge um Werk von Autozulieferer ZF an der Ahr, ga.de, 2. September 2021
- Uli Baumann: BMW mit ESA-Engpass: Die Hochwasserschäden bei Zulieferer ZF in seinem Werk in Bad Neuenahr-Ahrweiler führen bei BMW zu Lieferengpässen bei den ESA-Fahrwerken, motorradonline.de, 13. September 2021
- Ende Oktober hat das Technologieunternehmen ZF angekündigt, sein Werk in Ahrweiler aufgrund der Flutgefährdung im jetzigen Gebäude langfristig nicht weiter betreiben zu können - ZF Ahrweiler: Suche nach neuem Standort weiter ergebnisoffen (Pressemitteilung), blick-aktull.de, 12. November 2021
- ZF-Mitarbeiter kämpfen für Verbleib im Ahrtal: Autozulieferer könnte nach Koblenz ziehen, ga.de, 7. Dezember 2021
- Suche nach neuem Standort im Ahrtal beginnt - Autozulieferer ZF will am Werk Ahrweiler festhalten - Gewerkschaft IG Metall und Betriebsrat haben eine Verfahrensvereinbarung mit der Geschäftsleitung geschlossen, blick-aktuell.de, 12. Dezember 2021
- Auch ohne neues Gewerbegebiet: Grafschaft kann ZF Platz für neues Werk anbieten, rhein-zeitung.de, 14. Februar 2022
- Victor Francke: Umzug nach der Flutkatastrophe: Politiker erleichtert über möglichen neuen Standort für Autozulieferer ZF, ga.de, 15. Februar 2022
- Volker Jost: Rat stimmt für gemeinsames Gewerbegebiet: Ausweichmöglichkeit für Autozulieferer ZF in Grafschaft, ga.de, 8. März 2022
- Horst Bach: ZF in der Grafschaft: Noch gibt es Bedenken und Kritik, rhein-zeitung.de, 20. März 2022
- ZF in der Grafschaft: Grundsätzliches Ja zum Automobilzulieferer, rhein-zeitung.de, 25. März 2022
- Ulla Thiede: Autozulieferer im Umbau - ZF steigert Umsatz im ersten Halbjahr um zehn Prozent, ga.de, 2. August 2023
Wegzug aus Ahrweiler
- Ulla Thiede: ZF Ahrweiler verschiebt Umzug nahe Niederzissen, ga.de, 07. Juli 2023
- Ulla Thiede: Nach der Flutkatastrophe: ZF verlässt das Ahrtal, ga.de, 20. September 2022
- Judith Schumacher: ZF verlässt Ahrweiler: Neuer Standort im Brohltal, rhein-zeitung.de, 21. September 2022
- Beate Au: Enttäuschung in der Grafschaft: Kampf um ZF-Standort verloren, rhein-zeitung.de, 21. September 2022
- ZF-Umzug sorgt für Wirbel: Betriebsrat attackiert Gemeinde Grafschaft, rhein-zeitung.de, 22. September 2022
- Jochen Tarrach: ZF-Gelände: Neuenahr-Ahrweiler will hier weiterhin Gewerbeflächen, rhein-zeitung.de, 26. Januar 2023
- Victor Francke: Autozulieferer im Ahrtal: Was passiert mit dem Areal nach dem Wegzug von ZF?, ga.de, 9. Februar 2023
Weblinks
Fußnoten
- ↑ Quelle: Susanne Iden: Hochwasser, Katastrophen, Unwetter: Umzug eines Großbetriebs bringt Ahrweiler in neue Not, rnd.de, 10. November 2021
- ↑ Quelle: Automobilbranche: Ein Blick in die Zukunft, general-anzeiger-bonn.de vom 24. Juni 2014
- ↑ Quelle: Frieder Bluhm: Zukunft gesichert: Aufatmen bei ZF - Werk in Ahrweiler soll durch Fertigung neuer Komponenten wieder ausgelastet werden, in: Rhein-Zeitung vom 11. September 2015
- ↑ Quelle: ZF Ahrweiler verschiebt Umzug nahe Niederzissen, ga.de vom 07. Juli 2023