Bahnhof Oberwinter
Der Bahnhof an der Hauptstraße in Oberwinter ist Teil der linken Rheinstrecke. Jeder zehnte Arbeitsplatz in Oberwinter war früher „bahnabhängig“. Es gab Rottenarbeiter, Schrankenwärter und Streckenläufer sowie viele Arbeiter im Bahnhofsgebäude.[1]
Standort
Architektur
Matthias Röcke schreibt im Jahr 1986:
- Der Oberwinterer Bahnhof liegt unterhalb des Gleiskörpers und ist mit einem Tunnel und zwei Aufgängen zu den Bahnsteigen mit den Gleisen verbunden. Im Tunnel und in den Aufgängen fallen alte Hinweisschilder und alte Platten an den Wänden auf. Das Bahnhofsgebäude selbst ist eine bunte Mischung verschiedener romantischer Gestaltungselemente: als »optisches Fundament« ist das Gebäude am Boden mit Bruchstein aufgemauert, teilweise sind auch die Fenster mit diesem Stein umrahmt. Das Obergeschoss ist zum Teil mit Fachwerk geschmückt, ein kleiner, schieferverkleideter Giebel schließt die Fassade nach Norden ab. Nach Süden ist ein Fachwerkschuppen mit einem kurzen, zurückgesetzten Verbindungsstück angesetzt.''[2]
Der Bahnhof sei, so Röcke weiter, „eine freundliche, positive Erscheinung, der Zustand ist noch gut, es sieht aber so aus, als ob bald etwas geschehen müsste, wenn dies so bleiben soll.“
Chronik
Hildegard Ginzler schrieb am 2. Januar 2021 anlässlich einer Buchveröffentlichung zum Thema im General-Anzeiger:
- Zunächst desinteressiert, erkämpfte sich Oberwinter schließlich unter finanziellen Opfern einen eigenen Bahnhof. Der „Inselbahnhof“ zwischen den beiden Bahngleisen wurde am 1. Oktober 1899 feierlich eröffnet. Im Jahr darauf stand der Güterschuppen. Mit dem Bau der Eisenbahntrasse erfolgte zeitgleich der Aufbau eines bahneigenen Telegraphennetzes, aus dem sich örtliche Telefonnetze entwickelten. In Rolandseck ab 1898. Der Bahnhof hatte die Nummer 1, das Hotel Victoria die 2 und das Hotel Bellvue die Nummer 3. Da die Nutzung zunahm, baute man 1913 ein neues größeres Stationsgebäude mit Fahrkartenverkauf, zwei Wartesälen, Dienstwohnung des Dienststellenleiters direkt an der Provinzialstraße, heute Hauptstraße 27, und einen geräumigen Stückgutschuppen. Zwei Stellwerke zur Handbedienung der Weichen und Signale kamen hinzu.[3]
Oberwinter brauchte lange, ehe es zum eigenen Bahnhof kam: Erst im Jahr 1913, 55 Jahre nach Inbetriebnahme der Strecke, entstand der heutige Bahnhofsbau, wie Matthias Röcke schreibt. In den ersten Jahrzehnten mussten die Oberwinterer zum Bahnhof Rolandseck, bevor es in Oberwinter ab 1898 einen Haltepunkt gab.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Bahn von französischen Soldaten betrieben. Deutsche „Bahner“, die einem Aufruf der deutschen Reichsregierung im Januar 1923 folgend streikten, wurden mit ihren Familien aus Oberwinter ausgewiesen. Weiter schrieb Hildegard Ginzler:
- 1958 wurden die Züge zwischen Remagen und Köln vom Dampf- auf Elektrobetrieb umgestellt. Später fielen Bahnübergänge in Oberwinter weg, ebenso die Blockwerke in Rolandseck und an der Arsbrücke. Vom modernen Zentralstellwerk Remagen konnten ab 1982 die Stellwerke Oberwinter und Sinzig ferngesteuert und überwacht werden, ein Wandel, der insgesamt zu enormem Arbeitsplatzabbau führte.[4]
Im Januar 2013 gab es eine Projektauftaktveranstaltung zur Modernisierung der "Verkehrsstation" Oberwinter. Teilnehmer waren die Ortsvorsteher von Oberwinter und Remagen, Vertreter der DB Station und Service, des Landesbetriebes Mobilität Rheinland-Pfalz und des Zweckverbandes Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Nord. Die Modernisierung sei "Bestandteil der Rahmenvereinbarung Bahnhofsprojekte, die zwischen dem Land, den beiden SPNV-Zweckverbänden und der DB Station und Service 2011 abgeschlossen wurde", berichtete die Rhein-Zeitung (RZ) am 4. Februar 2013, "die darin enthaltenen Projekte sollen vorrangig bei der Bahnhofsattraktivierung angegangen und spätestens bis 2019 fertiggestellt sein." Weiter hieß es in der RZ:
- In Oberwinter sollen neue Bahnsteige realisiert, die barrierefreie Erschließung der Verkehrsstation umgesetzt und die Ausstattung des Bahnsteigmobiliars aufgewertet werden. ... Nach Fertigstellung aller Planungen ist die bauliche Umsetzung der Verkehrsstation Oberwinter ab 2017 vorgesehen.
Der 1913, also genau 100 Jahre zuvor, erbaute Oberwinterer Bahnhof, der sich bis dahin im Besitz einer privaten Gesellschaft befand, wurde am Samstag, 21. September 2013, im Kölner Hilton-Hotel versteigert. Das Objekt hatte eine Grundstücksgröße von 423 Quadratmetern sowie eine Wohn- und Nutzfläche von 107 Quadratmetern, davon 83 als Wohnung. Der sanierungsbedürftige Bahnhof ist zweigeschossig und unterkellert. Der Bahnhaltepunkt Oberwinter blieb erhalten.[5]
Weitere Fotos
Siehe auch
Bürgerinitiative zur Zukunft des Bahnhofs Oberwinter
Mediografie
- Udo H. Müller: Bahnhof Oberwinter: Dornröschenschlaf oder Botox?, www.waehlergruppe-remagen.de
- Victor Francke: Überlegungen sorgen für Diskussionen: Bahnhof Oberwinter auf dem Abstellgleis, general-anzeiger-bonn.de vom 29. November 2016
- Victor Francke: Bahnhof in Oberwinter: Politiker kämpfen für den Halt des Regionalexpresses, general-anzeiger-bonn.de vom 24. März 2017
- Christian Koniecki: Bahnhof Oberwinter: Am Gleis gibt es bald nur noch Wartehäuschen, in: Rhein-Zeitung vom 23. Januar 2019
- Victor Francke: Initiative: „Bahnfahren ist in Oberwinter wie Lottospielen“, general-anzeiger-bonn.de vom 9. Juli 2019
- Christian Koniecki: Sanierung: Aus für die Bahnsteigdächer in Oberwinter, rhein-zeitung.de, 29. November 2019
- Andrea Simons: In Oberwinter: Ausstellung widmet sich Eisenbahngeschichte, general-anzeiger-bonn.de, 2. Dezember 2019
- Victor Francke: Seit 1913 trotzten Dächer der Witterung: Abrissarbeiten am Bahnhof Oberwinter beginnen, general-anzeiger-bonn.de, 23. Januar 2020
- Victor Francke: Abrissarbeiten in Oberwinter: Bahnsteigdach des Bahnhofes in Oberwinter entfernt, general-anzeiger-bonn.de, 17. Februar 2020
- Victor Francke: Interview mit Ingo Konrads: Ab Dezember hält der RE5 wieder am Bahnhof Oberwinter, general-anzeiger-bonn.de, 6. Mai 2020
- Barrierefreier Umbau des Bahnhofs in Oberwinter – RRX soll ab Dezember 2020 wieder halten – Initiativen kritisieren Deutsche Bahn wegen Abriss historischer Dächer, blick-aktuell.de, 19. Mai 2020
- Günther Schmitt: Ärger um Bahnhalt in Oberwinter: Initiative Bahnhof Oberwinter besteht auf Halt des RE5/RRX, general-anzeiger-bonn.de, 16. Oktober 2020
- Günther Schmitt: Modernisierung des zweiten Außenbahnsteigs: Bahn entschuldigt sich für Baustopp in Oberwinter, general-anzeiger-bonn.de, 30. Oktober 2020
- Nicolaj Meyer: Vom Animateur zum Mann ohne Bleibe: Björn Korjenic lebt seit Wochen im Oberwinterer Bahnhof – Jetzt naht der Winter, rhein-zeitung.de, 31. Oktober 2020
- Hans Atzler: ... bitte einsteigen! Oberwinter und die Eisenbahn, Vereinigung Rathaus Oberwinter und Archiv e.V. (Hrsg.), Schriftenreihe des Rathausvereins Heft 11, 2020, 6,50 Euro[6]</ref>
- Christian Koniecki: Geschafft: Ab Montag hält der RRX-Zug in Oberwinter, rhein-zeitung.de, 6. Februar 2021
- Sven Westbrock: Verzögerungen wegen Wassereinbruch: Umbau des Bahnhofs Oberwinter dauert bis März 2022, ga.de, 15. Oktober 2021
- Christian Koniecki: Bürgerinitiative startet Umfrage: Wie wünscht sich Oberwinter seinen Bahnhof?, rhein-zeitung.de, 13. Februar 2022
- Oberwinter will einen schönen Bahnhof - Neuer Versuch: Wird aus dem Gebäude und Vorplatz endlich wieder ein ansehnliches Ensemble?, in: Rhein-Zeitung vom 2. Mai 2022
- Nach Umbau: Initiative bemängelt längere Umsteigewege am Bahnhof Oberwinter, ga.de, 17. August 2022
- Hans Atzler: Zur Bedeutung der Eisenbahn für Oberwinter, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 2022/23, 432 Seiten, Ahrweiler 2022, S. 226-229
Fußnoten
- ↑ Quelle: Hildegard Ginzler: Die bewegte Geschichte der Bahn in Oberwinter, general-anzeiger-bonn.de, 2. Januar 2021
- ↑ Quelle: Matthias Röcke: Bahnhöfe im Kreis Ahrweiler, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1987
- ↑ Quelle: Hildegard Ginzler: Die bewegte Geschichte der Bahn in Oberwinter, general-anzeiger-bonn.de, 2. Januar 2021
- ↑ Quelle: Hildegard Ginzler: Die bewegte Geschichte der Bahn in Oberwinter, general-anzeiger-bonn.de, 2. Januar 2021
- ↑ Quelle: Bahnhof Oberwinter: Das Gebäude kommt unter den Hammer, general-anzeiger-bonn.de vom 19. September 2013
- ↑ Besprechung: Hildegard Ginzler: Die bewegte Geschichte der Bahn in Oberwinter, general-anzeiger-bonn.de, 2. Januar 2021