Joseph Beuys

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Auf diesem Schild am Eingang des ehemaligen Regierungsbunkers in Marienthal („Ausweichsitz der Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland“) hat sich Joseph Beuys am 4. April 1981 vereweigt.

Der Künstler Joseph Beuys (* 12. Mai 1921 in Krefeld; † 23. Januar 1986 in Düsseldorf) besuchte mindestens zwei Mal den Kreis Ahrweiler:


Aufenthalte im Kreis Ahrweiler

4. April 1981: Demo gegen Nato-Doppelbeschluss und atomare Aufrüstung in Marienthal

Joseph Beys und Petra Kelly waren dabei, als ein kleiner Trupp von Demonstranten am 4. April 1981 bei neblig-kaltem Wetter erstmals auf dem ehemaligen Bahndamm oberhalb von Marienthal zwischen den beiden Haupteingängen zum Ausweichsitz der Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland Plakate ausrollte und Protestsprüche skandierte. Etwas mehr als 100 Teilnehmer wurden damals gezählt. „Der Nato-Doppelbeschluss bestimmte unsere Wahrnehmung und löste Ängste vor einem Atominferno aus", beschrieb der Bonner Künstler Alfred Kerger jene Phase im Frühjahr 1981, in der noch niemand an die spätere Großdemonstration im Bonner Hofgarten (Oktober 1981) mit 300.000 Menschen dachte, „das wollten wir artikulieren, dagegen wollten wir etwas unternehmen.“[1] In Anglerweste und mit einem Filzhut auf dem Kopf, seinen Markenzeichen, beteiligte sich Beuys am 4. April 1981 an der Demonstration gegen Nato-Doppelbeschluss und atomare Aufrüstung. Bei seinem Aufenthalt auf dem damals streng bewachten Gelände zwischen den beiden Bunkereingängen entdeckte Joseph Beuys ein Schild mit der Aufschrift „Unbefugten ist Zutritt untersagt – BzS Außenstelle Marienthal“ und kritzelte darauf den Zusatz: „Dies ist nicht mein Bunker“. Das wiederum bewegte Ernst Walker, den damaligen Leiter der Dienststelle Marienthal, ebenfalls handschriftlich, ein „Stimmt!“ zu ergänzen und das Schild mit seinem Namen zu unterschreiben, wie Heike Hollunder, Leiterin der Dokumentationsstätte Regierungsbunker, im Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler für das Jahr 2011 schrieb und wie man es auch auf der Website der Dokumentationsstätte nachlesen kann.

Mit seiner Teilnahme an der Demonstration in Marienthal engagierte sich Beuys nicht zum ersten Mal politisch. 1967 gehörte er bereits zu den Mitgründern der Deutschen Studentenpartei. Und als gut ein Jahr vor Beuys‘ Ahr-Besuch, am 11. bis 12. Januar 1980, in Karlsruhe die „Grünen“ gegründet wurden, war er ebenfalls mit dabei.

Bei seiner Auseinandersetzung mit dem Regierungsbunker im Ahrtal fertigt Beuys 1981 70 Offset-Lithographien an. Sie stellen das Ahr-Gebirge dar, das in seinem Inneren den Regierungsbunker verbirgt. Die Lithografien unterscheiden sich lediglich durch Beuys‘ unterschiedliche Aufschriften, zum Beispiel „Da wird unsere Regierung sitzen“, „Fragen Sie, was Bonns Bunker gekostet hat“, „Lasst euch die Nachrüstung nicht gefallen“ oder auch „Hier wollte H. Schmidt rein“. Schließlich versah Beuys die Drucke jeweils mit einem roten Stempelsatz: „JOSEPH BEUYS: Bonzenbunker“ und seiner Signatur. Farbe und Typografie des Stempels erinnern dabei an die offiziellen Stempel mit denen die Geheimhaltungsstufe von Akten angegeben wurden.

Joseph Marquet, Mitarbeiter des Referats Sicherheit des Regierungsbunkers, schraubte das Schild nach Beuys‘ Besuch ab und nahm es mit in sein Büro. Zu den Aufgaben des Dernauers gehörte damals auch, bei jeder Hubschrauberspritzung der Weinberge über dem Bunkergelände mitzufliegen. Dabei sollte er sicherzustellen, dass keine unerlaubten Luftaufnahmen von dem Gebiet gemacht werden. Später nahm Marquet das Schild mit zu sich nachhause. Dienststellenleiter Ernst Walker hatte ihm das gestattet.

Aus seiner Arbeit in Marienthal hatten sich für Joseph Marquet Kontakte zu Großen in der Politik ergeben – zu Hans-Dietrich Genscher etwa, für den er einen Betriebsausflug auf den Krausberg organisierte, und zu Helmut Kohl, für dessen Büro er den Dernauer Winzerverein anmietete.

Das Warnschild mit Beuys Kritzelei hing zunächst in Marquets Partykeller in Dernau, später wurde es in einer Metallkiste verstaut. 1986, nur fünf Jahre nach Beuys‘ Besuch, starb Joseph Marquet unerwartet an einem Herzinfarkt, im Alter von 58 Jahren. Joseph Beuys überlebte ihn nur wenige Monate. So teilen die beiden nicht nur den Vornamen, sondern auch ihr Todesjahr.

Viele Jahre später, den Regierungsbunker gab es da längst nicht mehr, trafen sich die Tochter von Joseph Marquet, Marietta Marquet, und Heike Hollunder, die Leiterin der Dokumentationsstätte Regierungsbunker. Dabei kam auch das Schild zur Sprache, das Marietta Marquet daraufhin ein paar Tage später zurück in die Dokumentationsstätte bringt. „Das Schild gehört hier hin und mein Vater wäre glücklich, wenn er wüsste, dass es heute hier in einer Vitrine aufbewahrt wird und seine Geschichte erzählt“. Seitdem ist das Schild mit den Kritzeleien von Joseph Beuys und dem damaligen Dienststellenleiter im Empfangsbereich der Dokumentationsstätte zu sehen.[2]

1. Dezember 1981: Waldgut Schirmau und „Eifelkeller“

Nach seiner Teilnahme an der Friedensdemonstration in Marienthal hielt sich Joseph Beuys im Jahr 1981 ein zweites Mal im Kreis Ahrweiler auf: Am 1. Dezember besuchte er, zusammen mit Freunden aus der bildenden Kunst, das Waldgut Schirmau bei Schalkenbach. Das Gut war damals unbewohnt und von Zerfall bedroht. Im Gasthof „Eifelkeller“ in Oberdürenbach, der wegen seiner Nähe zum Nürburgring zu jener Zeit häufig renommierte Gäste aus dem Motorsport beherbergte, trug sich Beuys ins Gästebuch ein: Er zeichnete seinen markanten Filzhut über seinen Namenszug mit Datum, darunter trugen sich auch seine Begleiter ein. Mit dabei waren auch der damalige Verbandsgemeindebürgermeister Theo Sundheimer sowie Landrat Dr. Egon Plümer. Gastgeber war der Textildesigner Gerd Lehnen (1930-2015), dessen heute nicht mehr existierender „Eifelkeller“ der Are-Künstlergilde damals häufig als Ort von Inspiration, Kommunikation und Geselligkeit diente.[3]

Mediografie

Weblink

Wikipedia: Joseph Beuys

Fußnoten

  1. Quelle: Jörg Diester: Friedensaktivist hält Rückschau nach 30 Jahren - Alfred Kerger demonstrierte in den 80er-Jahren am Regierungsbunker bei Marienthal in: Rhein-Zeitung vom 30. August 2015
  2. Quelle: Anton Simons: „Nicht mein Bunker“ - Joseph Beuys demonstrierte vor 40 Jahren in Marienthal gegen den Nato-Doppelbeschluss und die atomare Aufrüstung, in: General-Anzeiger vom 3. April 2021
  3. Quelle: Rhein-Zeitung vom 1. Dezember 2011
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