Synagoge Bad Neuenahr
Ein Gedenkstein erinnert heute noch an die ehemalige Synagoge Bad Neuenahr. An der Wadenheimer Straße, wenige Meter neben dem Wadenheimer Platz an der Jesuitenstraße, stand das 1901 errichtete jüdische Gotteshaus. Nur ein einziges Foto des Gebäudes ist erhalten.
Standort
Geschichte
Das Grundstück in der ehemaligen Tempelstraße, im Volksmund auch „Jüddejäßche“ genannt, 1938 umbenannt in Wadenheimer Straße, ist heute weit gehend von Wohnhäusern überbaut. Wann die letzten Reste der Synagoge abgerissen wurden, ist nicht mehr bekannt. Sicher ist jedoch, dass sie im Rahmen der Judenpogrome nach der Reichskristallnacht am 10. November 1938, während der Martinszug durch Bad Neuenahr ging, der Brandstiftung durch die Nazis zum Opfer fiel. Die Feuerwehr löschte nicht, sie verhinderte lediglich ein Übergreifen der Flammen auf angrenzende Häuser.
Im General-Anzeiger vom 9. November 2011 beschrieb Günther Schmitt die Ereignisse in der Pogromnacht folgendermaßen:
- In Bad Neuenahr begannen die Ausschreitungen erst am 10. November 1938, nachdem der örtliche SS-Führer von höherer Stelle gerügt worden war, „nichts gegen die Juden unternommen zu haben“. Erste Ziele der Verwüstung waren jüdische Geschäfte und Hotels wie dem Hotel „Stadt London“ und dem Hotel „Bismarck“ an der Poststraße. Die Synagoge ... wurde von SS-Leuten in Zivil in Brand gesetzt. Es war eine Art Einsatzkommando, das mit mehreren Personenwagen unterwegs war. Nach den Verwüstungen in Bad Neuenahr rückte die Gruppe nach Remagen ab.
Erich Elkan, der mit Eltern und Bruder nicht weit entfernt von der Synagoge wohnte, und Julius Gottschalk, ein befreundeter Hotelier, löschten das Feuer, weil die Feuerwehr nicht ausrücken durfte. Trotzdem brannten SS-Schergen die Synagoge später nieder.[1]
Die Juden aus Beul, Hemmessen und Wadenheim, 1875 zu Neuenahr zusammengeschlossen, sowie aus Heimersheim gehörten bis Ende des 19. Jahrhunderts zur jüdische Gemeinde Ahrweiler.
Ab 1866 wurde jedoch im Hotel „Landskron“ in Bad Neuenahr von Mitbruder Gottfried Borg auch in Neuenahr ein jüdischer Gottesdienst gefeiert. 1895 lebten in Neuenahr 44 und in Heimersheim 13 Juden. Als am 21. Oktober 1894 die Synagoge in Ahrweiler eingeweiht wurde, wuchs auch bald der Wunsch nach einem eigenen jüdischen Gotteshaus im Kurort. Bald wurde ein Grundstück gekauft und am 16. August 1901 wurde das vom Architekten Heinrich Schmitz entworfene Gebäude nach einem Festzug durch den Kölner Rabbiner Dr. Ludwig Rosenthal eingeweiht. Streitigkeiten gab es allerdings noch um die Baukosten, da zu den ursprünglichen Planungen zahlreiche Änderungen vorgenommen wurden. Architekt Schmitz bekam erst nach einem noch bis 1905 anhängigen Prozess seine Forderungen erfüllt.
Im Gegensatz zum jüdischen Gotteshaus in Ahrweiler war die Synagoge in Neuenahr verputzt und hell gestrichen. Eine hebräische Inschrift über dem an der Westseite gelegenen Eingang kennzeichnete das Gebäude als jüdisches Gotteshaus. Nichts ist davon geblieben, und auch das Schicksal der am 13. Mai 1942 noch elf Männer, 15 Frauen und ein Kind zählenden jüdischen Bürger verliert sich im Dunkel des dunkelsten Kapitels der deutschen Geschichte.
Seit 1996 erinnert eine schlichte Metalltafel auf steinernem Sockel an die Synagoge Bad Neuenahr. Sie trägt folgende Inschrift: „Zur Mahnung – Zum Gedenken – In diesem Bereich stand die Synagoge der ehemaligen jüdischen Gemeinde Bad Neuenahr – Erbaut 1901 – Zerstört 1938“. Die Erinnerungstafel ist eine Arbeit des Hemmessener Bildhauers Rudolf Kniel.
Als erster israelischer Bürger Neuenahrs beurkundet ist Gottfried Borg im Jahre 1860. Er war Inhaber des Hotels zur Landskron, wo ab 1866 jüdische Gottesdienste gefeiert wurden. Eine kleine jüdische Gemeinde hatte es bis dahin in Heimersheim gegeben; ihre Gesetzesrollen wurden 1870 nach Wadenheim überführt. Da die Zahl der Juden in Heimersheim ab-, in Neuenahr aber zunahm und viele jüdische Kurgäste anreisten, wurde 1896 eine eigene Gemeinde gegründet. Sie erbaute die Synagoge, die laut Gedenktafel 1901, laut Buchautor Heinz Lindlahr im August 1899 eingesegnet wurde. 1907 zählte die Kultusgemeinde immerhin 54 Mitglieder.
Am Abend des 9. Novembers 1938 wurde die Neuenahrer Synagoge an der Tempelstraße angezündet. Lediglich einige Bücher wurden aus dem brennenden Gotteshaus gerettet. Wann die Gebäudereste endgültig abgerissen wurden, ist nicht überliefert.[2]
Die Synagoge wurde in der "Reichskristallnacht" 1938 zerstört. Überreste sind nicht erhalten.
Siehe auch
- Jüdische Gemeinde Bad Neuenahr
- Portal „Jüdisches Leben im Kreis Ahrweiler“
- Reichspogromnacht 1938 im Kreis Ahrweiler
Mediografie
- Leonhard Janta: „Man konnte uns aus der Heimat vertreiben, aber man konnte die Heimat nicht aus uns vertreiben“ - Erinnerungen ehemaliger jüdischer Mitbürgerinnen aus Bad Neuenahr und Ahrweiler, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1992
- Hans Kleinpass: Die Anfänge der ehemaligen Synagogengemeinde Bad Neuenahr - Spuren führen zurück nach Heimersheim, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1999
- Hans Kleinpass: Zur Baugeschichte der ehemaligen Synagoge Bad Neuenahr, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1996
- Walter H. Kaufmann: Erinnerungen an die Zeit als Religionslehrer, Kantor und Prediger der Synagogengemeinde Bad Neuenahr im Jahre 1936, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1989
- "... und dies ist die Pforte des Himmels". Synagogen Rheinland-Pfalz und Saarland, bearbeitet von Stefan Fischbach u.a., hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz u.a., Mainz 2005, S. 94−95 (Gedenkbuch der Synagogen in Deutschland, Bd. 2), ISBN 3-8053-3313-7
- Barbara Knieps: "Ein Mensch ist vergessen, wenn sein Name vergessen ist." Rathaus-Kultur Bad Neuenähr-Ahrweiler beschreitet mit Themenjahr „Stolpersteine“ neue Wege in der Kulturarbeit, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 2013, Ahrweiler 2012, Seite 49
- Franz Simon: Erich Elkan hat überlebt. Aktion "Stolpersteine" in Bad Neuenahr führte zu einem Wiedersehen nach vielen Jahrzehnten, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 2013, Ahrweiler 2012, Seite 52
- Beate Au: Tat sorgt in Bad Neuenahr für Empörung: Gedenkstein für die ehemalige Synagoge erneut beschmiert, rhein-zeitung.de, 27. Mai 2024
Weblinks
- Alemannia-Judaica.de: Synagoge Bad Neuenahr
- Wikipedia: Synagoge (Bad Neuenahr)
- jüdische-gemeinden.de: Bad Neuenahr
Fußnoten
- ↑ Quelle: Gabi Geller: Holocaust riss Nachbarn in Bad Neuenahr auseinander. Wiedersehen nach 60 Jahren bei der Aktion Stolpersteine, rhein-zeitung.de vom 18. Februar 2012
- ↑ Quelle: Rhein-Zeitung vom 9. November 2015