Altes Landratsamt Ahrweiler

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Das alte Landratsamt heute
Haupteingang
Das alte Landratsamt im Jahr 1925
Nach dem Ende der Naziherrschaft fand im Sitzungssaal der erste Kriegsverbrecherprozess nach dem Zweiten Weltkrieg auf deutschem Boden statt.
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Gebäudekomplex in den 1930er Jahren
Der Kreisausschuss bei einer Sitzung im Jahr 1925
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Bodenfliesen aus Sinziger Produktion
Gebäude-Rückseite
Rückwärtiges Nebengebäude
Schuppen im rückwärtigen Teil des Grundstücks

Im alten Landratsamt, das im Jahr 1893 an der Wilhelmstraße 24 in Ahrweiler erbaut wurde, befanden sich einst die Kreisverwaltung (Erdgeschoss) und – im Obergeschoss – die Wohnung des Landrats und seiner Familie. Die Kinder von Heinz Korbach, von 1965 bis 1973 Landrat des Kreises Ahrweiler, haben auf dem Flur das Fahrradfahren gelernt. Auch heute befinden sich in dem Gebäude noch Teile der Kreisverwaltung, das Kreisarchiv etwa und das Büro der Gleichstellungsbeauftragten des Kreises. Die 1974 gegründete und zum 30. Juni 2006 geschlossene Kreismusikschule war ebenfalls in dem denkmalgeschützten Gebäude untergebracht. Im Sitzungssaal, der heute noch für Repräsentationszwecke genutzt wird, fand 1945 der erste Kriegsverbrecherprozess nach dem Zweiten Weltkrieg auf deutschem Boden statt. Er endete mit drei Todesurteilen, die in Rheinbach vollstreckt wurden.


Anschrift

Wilhelmstraße 24

53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler (Stadtteil Ahrweiler)

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Chronik[1]

Auf dem Weg zur Selbstverwaltung stellte die Rheinische Kreisordnung vom 30. Mai 1887 einen entscheidenden Fortschritt dar. Der Kreistag besetzte nunmehr einen Kreisausschuss, das eigentliche Verwaltungsorgan der kommunalen Selbstverwaltung des Kreises. Die zunehmenden Selbstverwaltungsaufgaben brachten eine Vergrößerung der Verwaltung mit sich und machten den Bau eines eigenen repräsentativen Kreishauses notwendig.

Unter dem Vorsitz von Landrat Albert Heising beriet der Kreisausschuss am 25. März 1891 erstmals über den Bau eines Kreishauses. In der 9. Kreistagssitzung am 14. April 1891 stellte der Kreistag das Bedürfnis eines Neubaus fest und legte als Finanzrahmen 100.000 Mark fest. Der Kreistag wählte eine Kommission, die den Ankauf eines geeigneten Bauplatzes und die weitere bauliche Umsetzung des Projektes vorbereiten sollte.

Suche nach Bauplatz und Architekt

In der Ahrweiler Zeitung vom 16. April 1891 gab Landrat Heising bekannt, dass der Kreis Ahrweiler einen Bauplatz an der Linz-Altenahrer Provinzialstraße für die Errichtung des Kreishauses suche. Das Grundstück sollte eine Mindestgröße von einem Morgen haben und eine Straßenfront von wenigstens 40 Metern aufweisen. Da beim Bau des Kreishauses auf eine Ausschreibung verzichtet werden sollte, wandte sich die Baukommission auf der Suche nach einem geeigneten Architekten an den Königlichen Baurat Zweck in Andernach. Dieser empfahl u.a. den Architekten Clemens Kroth aus Andernach. Mehrere Architekten wurden angeschrieben. Gegen den verbliebenen Anbieter Emil Schreiterer aus Köln setzte sich für das Projekt „Kreishaus Ahrweiler“ der Andernacher Architekt und Bauunternehmer Kroth durch. Er hatte bereits das Mayener Kreisständehaus gebaut.

Raumbedarf

Die Anforderungen an das neue Kreishaus orientierten sich am Umfang des Kreishauses in Mayen. Es wurde ein Sitzungssaal mit 60 Quadratmetern Grundfläche, ein Kreisausschusssitzungsraum mit 24 Quadratmetern, ein Arbeitszimmer für den Landrat mit 24 Quadratmetern, ein Arbeitszimmer des Kreissekretärs mit 18 Quadratmetern, eine Kanzlei mit 25 Quadratmetern, eine Registratur mit mindestens 30 Quadratmetern, ein Botenzimmer mit 15 Quadratmetern, ein Reserve- bzw. Wartezimmer mit 20 Quadratmetern und Toiletten mit zehn Quadratmetern gefordert. Das Gebäude sollte über zwei separate Eingänge verfügen. Nach einem Vorentwurf der Fassade im Juni 1891 legte Clemens Kroth erste Detailzeichnungen für die Ausführung des Kreishauses bereits zum 25. August 1891 vor.

Fassade und Fußboden

Der Kreistag beschloss die Auftragsvergabe an Architekt Kroth am 17. September 1891. Das Kreishaus sollte bis zum 1. Oktober 1892 im Rohbau fertiggestellt und am 1. Juli 1893 bezugsfertig sein. Das Baumaterial, seine Beschaffenheit und Verarbeitung wurden detailliert beschrieben. Zur Verblendung der Fassade war Weibener Tuffstein und Kyllburger Sandstein vorgesehen. Der Fußboden im Erdgeschoss sollte mit Sinziger Mosaikplatten bester Qualität auf einer Fläche von etwa 107 Quadratmetern erfolgen. Mit dem Bau wurde Ende 1891 begonnen. Anfang Juli 1893 war das Kreishaus fast bezugsfertig. Die Kosten hatten sich u.a. wegen tieferen Fundamenten auf über 90.000 Mark erhöht.

Einweihung am 27. Juni 1894

Die feierliche Einweihung des Kreishauses erfolgte in der 17. Kreistagssitzung am 27. Juni 1894. Anwesend waren der Königliche Regierungspräsident Ferdinand von Itzenplitz, der Königliche Oberregierungsrat Meyer sowie unter dem Vorsitz des Königlichen Landrats Heising die Mitglieder des Kreistages. Landrat Heising hob „die glückliche Wahl des Projektes“ und „die außerordentlich zweckmäßige und gediegene Ausführung“ desselben hervor. Sein Wunsch sei es, dass „das Haus Jahrhunderte hindurch eine Stätte rechter Arbeit zum Wohle des Kreises und der Eingesessenen sein möge“ (1894).

Abrisspläne 1979 und Denkmalschutz

In der Kreisausschusssitzung am 6. Juni 1979 wurde die Verwaltung beauftragt, den Abbruch des Kreishauses zu prüfen. Es sollte einer Erweiterung des neuen Verwaltungsgebäudes weichen. Die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler setzte sich für eine Unterschutzstellung ein. Das stadtbildprägende historische Gebäude wurde am 9. Mai 1981 von der Bezirksregierung als Obere Denkmalschutzbehörde unter Schutz gestellt.

Sonstiges

Karl Heinen (be-)schrieb im August 2019 in der Stadtzeitung Bad Neuenahr-Ahrweiler:

Die Bedeutung dieses großen Gebäudes wird durch seinen Palais-Charakter unterstrichen. Die Fassade besteht ganz aus Tuffstein und ist damals beliebten Stil der Neorenaissance ausgeführt. Das Untergeschoss zeigt durchgängig Rundbogenfenster, während das Obergeschoss durch große Rechteckfenster betont wird.

Der ehemalige Zugang zur Wohnung des Landrats befindet sich an der linken zurückgesetzten Fassadenseite, eine heute grün gestrichene Tür, die übrigens bis auf die Farbe mit der Haupteingangstür völlig übereinstimmt. „Diese prächtigen Portale weisen eine reiche Schnitzerei ebenfalls im Renaissancestil auf“, so Heinen, der allerdings auch bemerkt, dass der Bau früher wesentlich stärker verziert war als heute: „So gab es mehr Dachgauben, und auf dem Dach hinter dem Turm befand sich ein schmiedeeisernes Gitter.“ Die Turmbekrönung hatte früher kleine Fenster, und den Abschluss bildete eine weithin sichtbare hohe Wetterfahne. Die Rollgiebel auf der linken Seite des Hauses und an den Seitenfronten hatten zierliche Aufsätze, ebenso die noch existierende Dachgaube. Über den Dachfenstern befanden sich außerdem winzige verzierte Lüfteöffnungen, wohl für den Speicher. Karl Heinen:

In den 1960er Jahren fand diese Pracht dann keine Gnade mehr, sogar die Spitze des Turmes wurde entfernt. In den 1980er Jahren dann wurde wenigstens diese Spitze, wenn auch in vereinfachter Form, wieder aufgesetzt. Die Dachlandschaft bietet sich heute relativ sachlich dar. Mit gutem Willen ließe es sich dem Erbauungsstand wieder annähern, immerhin gehört die „Untere Denkmalbehörde“ zur Kreisverwaltung.

Früher wurde der Vorgarten, damals noch üppig bepflanzt, durch eine zum Haus passende Gartenmauer mit schmiedeeisernem Gitter abgeschlossen, die irgendwann durch eine Eibenhecke ersetzt wurde. Zum Gebäude führten zwei wunderbare Gartenportale, die ebenfalls aus kunstvollem Schmiedeeisen bestehen. Der linke, stark zurückgesetzte Teil wird durch das Privatportal und ein großes Rundbogenfenster darüber betont. Auf der nach Westen gelegenen Hausseite wird dieser Gebäudeteil durch einen Rollwerkgiebel abgeschlossen. Karl Heinen schreibt weiter:

Der folgende zweiachsige Teil wird durch leichte Rustikastreifen dezent links und rechts gerahmt. Dieser Teil wird durch den das Dach verdeckenden Rollwerkgiebel stark betont. Bei diesem Giebel vermisst man schmerzlich am oberen Ende den heute fehlenden Zieraufsatz. Das Ganze wirkt wie abgebrochen. Im Erdgeschoss befinden sich zwei Rundbogenfenster, im ersten Obergeschoss ein Doppelfenster mit einem Steinkreuz. Der nächste dreiachsige Teil ist heute relativ schmucklos, unten drei Rundbogenfenster, oben drei mit geraden Verdachungen versehene rechteckige Fenster. Der kleine Rollwerkgiebel, der - wie schon erwähnt - auch mit einem prächtigen Abschluss versehen war, sowie die Dachgauben gaben diesem Hausteil eine besondere Note.

Der rechts gelegene Gebäudeteil – im Erdgeschoss ist er fünf-, im Obergeschoss dreiachsig – dürfe, so Heinen weiter, „ruhig der prächtigste genannt werden.“ Die drei östlichen Fenster im Erdgeschoss sind etwas größer und werden durch Buntglasscheiben aufgewertet; dahinter befindet sich der Sitzungssaal.

Die etwas nach links versetzte Mitte wird sehr wirkungsvoll durch den turmartigen Standerker betont. Dieser Turm ist an und für sich relativ schlicht gehalten, bis auf das mit Diamantquadern und runden Nischen gezierte Hauptportal. Dort befindet sich die zurückgelegene, durch eine Freitreppe erschlossene prächtige Eingangstür. Das Obergeschoss wird durch die drei großen, mit Steinkreuzen versehenen Fenster und den Balkon bestimmt. Am Dachansatz sieht man noch den schönen Klötzchenfries, der dem Gebäudeteil, wie auch der nach Osten gelegene Rollwerkgiebel, sein gewisses Etwas verleiht. Auch hier fehlt das wunderbare Gitter auf dem Dach, die kleinen Fensterchen an der Turmbekrönung und die Dachgauben.

Weitere Fotos

Siehe auch

Kreishaus Ahrweiler

Mediografie

Fußnoten

  1. Quelle: Leicht bearbeiteter Einführungstext zu einer Ausstellung anlässlich des 200-jährigen Bestehens des alten Landratsamts im August 2019
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