Schloss Ernich
Schloss Ernich (auch „Haus Ernich“) ist ein 1908 fertiggestelltes neobarockes Herrenhaus auf der Rheinhöhe nordwestlich von Remagen. Neben dem Haupthaus stehen die ehemalige Remise, ein Gärtnerhaus und eine alte Kegelbahn. Schloss Ernich steht zwischen der Kernstadt von Remagen und dem Stadtteil Oberwinter oberhalb der Bundesstraße 9 und der Linken Rheinstrecke der Deutschen Bahn. Schloss und Schlosspark stehen als Gesamtanlage unter Denkmalschutz. Von 1949 bis 1955 war das Schloss Residenz des französischen Hohen Kommissars, anschließend bis 1999 Residenz des französischen Botschafters in der Bundesrepublik Deutschland.[1]
Standort
Schloss Ernich steht auf einer Höhe von 134 Metern über NN, etwa 85 Meter oberhalb des Rheins auf einem von Westen nach Osten abfallenden plateauähnlichen Gelände mit Ausblick in Richtung Südosten. Das ist über eine private, gewundene Zufahrtsstraße von der parallel zum Rhein und zur B 9 verlaufenden Kreisstraße 40 aus zu erreichen. Vor dem Schlossbereich endet außerdem ein Waldweg. Als Haus Ernich bildet es einen Wohnplatz innerhalb des Ortsbezirks Remagen.
Architektur
Das Schloss wurde zwei- bis dreigeschossig in rechteckigen Formen gebaut. Es verfügt über kurze Seitenflügel und ein Mansarddach. Die zum Rhein hin ausgerichtete Gartenfront wurde als repräsentative Schauseite gestaltet. Sie umfasst elf Achsen, von denen drei auf einen vorspringenden Mittelrisalit entfallen. Dieser nimmt ein eingeschossiges Eingangsportal auf, das einen Balkon trägt, und wird nach oben hin von einem Dreiecksgiebel in klassizistischen Formen abgeschlossen. Die Fassaden der Seitenflügel wurden unterschiedlich gestaltet: der westliche mit zwei halbrunden söllerartigen Vorbauten, der östliche mit einem einzigen durchlaufenden. Das Haus wird von einem Dachreiter geschmückt.
Südöstlich an das Schloss schließt sich eine stufenförmig dreifach abgetreppte Gartenanlage an, die bis zur bergseitigen Kante des zum Rheinufer hinabführenden Steilhangs reicht. Am nordöstlichen Rand der Schlossanlage befindet sich ein Aussichtspavillon, am südlichen Rand ein Tennisplatz.
Chronik
Das Haus wurde von 1906 bis 1908 im Stil des Neobarock für den Bauherrn Arnold von Guilleaume (1868–1939), einen Kölner Großindustriellen, nach einem Entwurf des Architekten und Hofbaumeisters Ernst von Ihne gebaut. Benannt wurde es nach der Flur „Im Ernich“, in der sich das Grundstück befand. Am 12. August 1906 erfolgte der erste Spatenstich, 1907 ist Richtfest gefeiert worden. Am 18. April 1908 zog die Familie Guilleaume in das Gebäude ein. Später wurden auf dem Gelände noch einige Nebengebäude errichtet: eine Kutscherwohnung, eine Kegelbahn und ein Maschinenhaus. Im Jahr 1910 entstand eine große Freitreppe.
Bis 1930 diente Schloss Ernich als Land- und Sommerresidenz von Arnold und dessen Ehefrau Elisabeth „Ella“ von Guilleaume, geb. Deichmann. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde das Schloss ab 1919 zwei Jahre von der amerikanischen Besatzungsmacht mit 30 Soldaten übernommen. 1933/34 richtete die Familie Richardsen dort ein besonders bei der Kölner Gesellschaft beliebtes Hotelrestaurant ein, für das ein neuer Küchentrakt gebaut wurde. Der damalige Reichskanzler Adolf Hitler soll in dieser Zeit mehrere Male auf Schloss Ernich gastiert haben – unter anderem am 12. April 1937.
Im Zweiten Weltkrieg wurde das Hotel geschlossen. Bis 1945 diente es als Kriegslazarett. Am 5. März 1945 wurde das Schloss von amerikanischen Besatzungstruppen eingenommen. Am 13. März 1945 wurden das Hotel geräumt und die bisherigen Bewohner nach Unkelbach umquartiert. Anschließend kamen in dem Schloss vorübergehend ausgebombte Familien aus Remagen unter. Dann wurde das Schloss von der britischen Besatzung beschlagnahmt. Bei ihrem Abzug nahm sie das Mobiliar und die 30 im Schloss vorhandenen Betten mit. Auf Geheiß des Oberbefehlshabers der nachrückenden französischen Besatzung wurde am 15. Juli 1945 auf Schloss Ernich ein Ferienheim für Kinder aus Paris und eine Schule für die Kinder der Besatzungsmacht eingerichtet. Ab Oktober 1947 bewohnte die Familie von Guilleaume wieder einige Zimmer des Schlosses. Nach zeitweiligem Leerstand diente das Schloss der Internationalen Film-Union GmbH Remagen ab 8. Januar 1949 (Pachtvertrag) als Gästehaus für ihre auf Zeit verpflichteten Mitarbeiter.
Im Herbst 1949 richtete die Französische Republik auf Schloss Ernich die Residenz ihres Hohen Kommissars am Regierungssitz Bonn ein, der für sein Land die Alliierten Kontrollrechte gegenüber der Bundesrepublik Deutschland ausübte und seinen Dienstsitz in Bad Godesberg hatte. Am 7. September 1949 wurde auf dem Schloss die französische Flagge gehisst. Das Schloss mit seinen zu dieser Zeit 40 Räumen wurde, zunächst auf Kosten des Landes Rheinland-Pfalz, mit wertvollen Gemälden und Louis-seize-Möbeln ausgestattet. Am Beginn der Zufahrtsstraße wurden Unterkunftskasernen für die französische Gendarmerie gebaut. Die Funktion des Hochkommissars bekleidete André François-Poncet, der enge Beziehungen zur Stadt Remagen unterhielt. Ab dem 13. Januar 1950, während seines ersten Staatsbesuchs in Deutschland, übernachtete der französische Außenminister Robert Schuman auf Schloss Ernich; am 15. Januar 1950 verhandelte er dort mit Bundeskanzler Konrad Adenauer über die Souveränität des besetzten Deutschlands. Als Deutschland 1955 souverän wurde und sich die Alliierte Hohe Kommission auflöste, wurde die französische Hochkommission in eine reguläre Botschaft umgewandelt. Von da an diente das Schloss – aus der Beschlagnahme entlassen und von Frankreich angemietet – als Residenz der Botschaft und Wohnsitz des französischen Botschafters. Die wertvolle Möblierung wurde teilweise ausgetauscht. Auch später übernachteten mehrfach französische Staatsgäste auf Schloss Ernich. 1959 ging das Anwesen, das bis dahin noch der Familie Guilleaume gehörte, ins Eigentum Frankreichs über.
Im Zuge der Verlegung des Regierungssitzes zog die französische Botschaft im Jahr 1999 nach Berlin um. Schloss Ernich, bis dahin Residenz der Botschaft, stand nun leer, gehörte aber weiterhin der Französischen Republik. Überlegungen von Bundeskanzler Helmut Kohl, das Schloss als deutsch-französisches Kulturzentrum zu nutzen, wurden nicht realisiert.
Schloss soll zum Luxushotel werden
Im Dezember 2006 kaufte der Filmproduzent Ulrich Felsberg das Schloss vom französischen Finanzministerium und begann 2007 mit einer Sanierung, die im Jahr 2011 weitgehend abgeschlossen wurde. Felsberg und sein Architekt Karl-Heinz Möseler stellten dem Ortsbeirat Remagen am 16. Mai 2018 ihren Plan vor, auf dem Anwesen ein Hotel zu eröffnen. Die Rhein-Zeitung berichtete:
- Auf dem weitläufigen Wald- und Parkgelände ... soll hinter dem bestehenden Gebäude ein Hotelneubau mit 75 bis 90 Zimmern und Suiten entstehen. Dazu kommen Seminar- und Konferenzräume, ein Spa und Hotelrestaurants. Außerdem soll ein öffentliches Restaurant mit Blick über den Rhein auf das Siebengebirge gebaut werden. Das Hotel soll in der luxuriösen Vier- bis Fünf-Sterne-Kategorie angesiedelt sein.[2]
Die vorhandene denkmalgeschützte Bausubstanz – das Schloss, die Remise, das Gärtnerhaus und die einstige Kegelbahn – bezog Felsberg in die Pläne ein. Sie sollen jedoch in ihrer denkmalgeschützten Substanz nicht verändert werden. RZ-Redakteur Christian Koniecki berichtete:
- So könnten in dem Haupthaus ... die Rezeption und eine Bar entstehen, im ersten Obergeschoss wäre Platz für Hotelsuiten und im zweiten Obergeschoss könnten Büros und Räume für die Hotelverwaltung untergebracht werden. In der alten Remise könnten kleine Läden und weitere Verwaltungsräume entstehen, das Gärtnerhaus mit einem Glasanbau könnte zu einem Hotelrestaurant werden und die ehemalige Kegelbahn, von der aus sich eine tolle Aussicht auf das Rheintal bietet, soll den Entwürfen nach ein öffentliches Restaurant werden.
Neben dem Haupthaus plante Felsberg den Bau von acht größtenteils mit Glaselementen verbundenen neuen Baukörpern auf dem westlichen Teil des Grundstücks. In diesen Gebäuden sollen Hotelzimmer und Suiten sowie ein Spa-Bereich entstehen. In einem weiteren Gebäudetrakt sollen Konferenzräume entstehen. Unter einem Teil der Gebäude ist eine Tiefgarage mit genügend Abstellplätzen für Autos vorgesehen. Zu den Baukosten hieß es im General-Anzeiger (GA):
- Gesamtkosten: unbekannt. Felsberg dementiert nicht, dass sicherlich 30 Millionen Euro investiert werden müssen, um das ambitionierte Projekt zu realisieren.[3]
Details verriet Felsberg nicht. Zunächst gelte es, die grundsätzliche Zustimmung der kommunalen Gremien einzuholen. „Zumindest im Ortsbeirat zeigte man bereits großes Wohlwollen“, berichtete der GA. Die Neubauten sollen niedriger gehalten werden als das Haupthaus und optisch hinter dem Schloss und den Bäumen verschwinden. Es soll kein großer Gebäuderiegel entstehen, vielmehr sind mehrere Einzelgebäude in einer modernen, gradlinigen Architektur geplant. An den Planungen waren die rmk-architektur GbR Remagen, die Ingenieurgesellschaft Team2 aus Rheinbach und das Architektenbüro Ginsburger aus Paris beteiligt.
Der Plan wurde bereits mit der Unteren und Oberen Denkmalschutzbehörde (Generaldirektion Kulturelles Erbe Mainz) abgestimmt. Die Denkmalschützer hätten sein Vorhaben als „grundsätzlich denkmalgerecht betrachtet“, so Felsberg. Zum weiteren Prozedere hieß es in der RZ:
- Zuerst müssen die planungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Dafür ist eine Änderung des bestehenden Bebauungsplans notwendig. Dieser muss nun auf Stadt- und Kreisebene von der Verwaltung, den Ausschüssen und schließlich dem Stadtrat beschlossen werden. Anschließend will der Bauherr Ulrich Felsberg dann möglicherweise einen Wettbewerb für die Detailplanung ausschreiben.
Mediografie
- Von Schloss Ernich nach Europa, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1959
- Nach dem "Ende der Welt" kommt Remagen. Filmproduzent Felsberg kauft Haus Ernich, general-anzeiger-bonn.de vom 23. Dezember 2006
- Hermann-Josef Fuchs: Auf Schloss Ernich ging eine hohe Diplomaten-Ära zu Ende. Aus Landhaus auf Bergplateau bei Remagen wurde diplomatischer Nobelsitz, in: Kreisverwaltung Ahrweiler (Hrsg.): Heimatjahrbuch für den Kreis Ahrweiler 2000, Ahrweiler 1999, S. 140
- Rolf Plewa: 100 Jahre Schloss Ernich bei Remagen, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 2008, Weiss-Druck, Monschau 2007, ISSN 0342-5827, S. 170–173
- Matthias Röcke: Schloß Ernich und seine Botschafter, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1985
- Hermann Bauer: Im Kreise Ahrweiler auf diplomatischem Parket, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1959
- Christian Schmiedel/Heinz Wilms: Lust aufs Land. Die Landhäuser der Familie von Guilleaume (dazu zählten auch Schloss Calmuth, Schloss Marienfels, Schloss Ernich und Haus Herresberg), Vereinigung Rathaus Oberwinter und Archiv e.V. (Hrsg.), 336 Seiten, 19,95 Euro, ISBN 9783930376971
- Helmut Vogt: Wächter der Bonner Republik – Die Alliierten Hohen Kommissare 1949–1955, Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2004, ISBN 3-506-70139-8, S. 55–57
- Hilda Ortiz Lunscken (Hrsg.)/Ingeborg Fischer-Dieskau (Fotos: Martin Krockauer): Pour Memoire – To Remind – Zur Erinnerung: Botschafterresidenzen am Rhein, Ortiz-Lunscken Publishers, Bonn 1999, ISBN 3-9806801-0-X, S. 22–25
- Vereinigung Rathaus Oberwinter und Archiv e.V.: Ernich (PDF), 12 Tafeln der Ausstellung Herresberg – Marienfels – Ernich im Mai 2013
- Victor Francke: Planungsrechtliche Weichen gestellt: Schloss Ernich in Remagen wird bald First-Class-Hotel, general-anzeiger-bonn.de, 21. November 2019
- Christian Koniecki: Gespanntes warten: Was tut sich rund um Remagens Luxushotelprojekte?, rhein-zeitung.de, 26. Februar 2020
- Ausstellung „Die Landsitze der Familie von Guilleaume“ - Eröffnung wirkte fast wie ein „Familientreffen“, blick-aktuell.de, 6. Mai 2013
Weblink
Fußnoten
- ↑ Quelle: Der Grundstock dieses Artikels stammt aus dem Wikipedia-Artikel zu Schloss Ernich, Version vom 11. September 2017
- ↑ Quelle: Christian Koniecki: Neue Luxusherberge: Wird Schloss Ernich Teil eines Hotels über dem Rhein?, rhein-zeitung.de vom 17. Mai 2018
- ↑ Quelle: Victor Francke: Oberhalb von Oberwinter: Schloss Ernich in Remagen soll ein Hotel werden, general-anzeiger-bonn.de vom 18. Mai 2018