Wallfahrtskirche „St. Apollinaris“ Remagen
Die von 1839 bis 1843 im Auftrag von Franz Egon Graf von Fürstenberg-Stammheim nach Plänen des Kölner Dombaumeisters Ernst Friedrich Zwirner erbaute und von 1843 bis 1853 von Mitgliedern der Düsseldorfer Malerschule, den sogenannten Nazarenern, ausgemalte Wallfahrtskirche „St. Apollinaris“ in Remagen gilt als ein Hauptwerk der deutschen Romantik und als ein Gesamtkunstwerk des 19. Jahrhunderts. Das Heilige Haupt, das in einem Sarkophag in der Krypta der Kirche aufbewahrt wird, ist alljährlich Ziel der Apollinaris-Wallfahrt Remagen.
Standort
Eigentümer
Die Kirche und das Grundstück, auf dem das Kloster steht, waren Familienbesitz der Freiherrn von Fürstenberg-Stammheim, deren Begräbnisstätten sich in und in einer Gruft neben der Apollinariskirche befinden. Seit 2006 ist die Kirche Eigentum der am 22. September 2006 in Trier gegründeten gemeinnützigen Stiftung „Wallfahrtskirche St. Apollinaris Remagen“. Zum 1. Februar 2007 wurde Pater Bartholomé van Oudheusden vom damaligen Trierer Bischof Reinhard Marx als Rector Ecclesiae der Apollinariskirche beauftragt.
Das Gebäude
Neben der romanischen Bevölkerung ließen sich in Remagen zum Ende des ersten Jahrtausends auch fränkische Bauern nieder. Sie begruben ihre Toten auf dem Martinsberg und errichteten dort eine St. Martin geweihte Kirche. 1110/1117 schenkten die Einwohner von Remagen diesen Martinsberg mitsamt der Kirche den Benediktinern aus Siegburg. Seit dem 14. Jahrhundert entwickelte sich dort die Wallfahrt zu den Reliquien von St. Apollinaris von Ravenna. Und aus dem Martins- wurde der Apollinarisberg.
Die romanische Kirche aus dem Mittelalter wurde 1838 wegen Baufälligkeit abgerissen und 1839 bis 1842 durch einen Neubau des Kölner Dombaumeisters Ernst Friedrich Zwirner ersetzt.
Ausmalung
Die Apollinariskirche ist wegen ihrer Ausmalung mit Fresken berühmt, die von 1843 bis 1853 von „Spätnazarenern“ der Düsseldorfer Malerschule ausgeführt wurde. Diese Schule wollte die religiöse Malkunst des Mittelalters wiederbeleben. Mitglieder dieser Schule waren Ernst Deger, Karl und Andreas Müller, deren Großmutter Katharina Fechemer aus Ahrweiler stammte, sowie Franz Ittenbach. Andreas malte die vier Lebensbilder des heiligen Apollinaris und die Allegorien der christlichen Tugenden. Ihm oblag auch die dekorative Ausgestaltung der Kirche. Von Karl Müller stammen die Bilder Anbetung des Lammes sowie Marias Vermählung, Verkündigung, Heimsuchung, Geburt, Himmelfahrt und Krönung sowie Gestalten aus dem Alten Testament. Während der langen Zeit ihrer Arbeit in Remagen wohnten beide im Fechemer-Haus an der Niederhutstraße 5 in Ahrweiler (später Bäckerei Hilmer Heinrichs. Vermutlich sind sie nicht Tag für Tag von Ahrweiler nach Remagen gegangen oder gefahren. Vielmehr werden sie sicherlich wie alle anderen im Kloster neben der Kirche übernachtet haben. Lediglich an den Wochenenden werden sie sich manchmal in Ahrweiler aufgehalten haben.
Wie im Dom zu Speyer genossen die Remagener Fresken anfangs höchste Anerkennung, die indes hier wie dort bald einer kritischen Einschätzung wich. Anders als in Speyer, wo die Nazarener-Fresken als vermeintlicher Kitsch in Ungnade fielen und in den 1950er und 1960er Jahren zerstört oder abgenommen wurden, blieb die Ausmalung der Apollinariskirche in Remagen jedoch erhalten.
Orgeln[1]
Das erste Instrument wurde in den 1850er Jahren von der Kölner Firma Sonreck in die Apollinariskirche eingebaut. Im Jahr 1905 baute die Firma Klais dieses Instrument um. Später gab es weitere Änderungen. Im Jahr 1963 war die Orgel „restlos verschlissen“ und man schaffte eine elektronische Dereux-Orgel von Steinway & Sons an. Auf dieses Instrument reagierten die Organisten im Kreis Ahrweiler mit Entrüstung und anhaltender Missbilligung. Ein Dutzend von ihnen hatte sich zu den ersten Klängen der „Elektronenorgel“ auf dem Remagener Berg eingefunden. Sie lehnten diese Orgel durchweg ab, sprachen, wie es in der Bonner Rundschau hieß, von einem „musikalischen Wiedergabegerät, nicht aber von einer Orgel“. Der Klang der Orgel sei „physisch kaum zu ertragen“, hieß es weiter, und ihr „unbeseelter Klang“ im Bistum Trier verboten. Die Denkmalpflege wiederum störte mehr, dass das neugotische Gehäuse der alten Orgel ohne Einbeziehung der Denkmalpflegebehörden „an Ort und Stelle verheizt und gar nicht gelagert“ wurde. 1984 beschlossen die Franziskaner, wieder eine Pfeifenorgel anzuschaffen und bestellten ein zweigeteiltes Instrument. Denkmalpfleger Magnus Backes bestand jedoch auf einer vor dem Fenster zu platzierenden Orgel. 1984 wurde dann die heute noch vorhandene Pfeifenorgel gekauft (Stand: September 2016). „Wie kam man diese Fehlentscheidung, die im Widerspruch zur originalen Lösung steht, rückgängig machen“, fragte Erhard Wacker und bat die Remagener Orgelbauwerkstatt Siegfried Merten um ein Angebor.
Turmhelme
Hildegard Ginzler schrieb in einer Besprechung des 2019 erschienen siebten Bändchens von Erhard Wackers Reihe Remagener Apollinaris Bibliothek über die Turmhelme:
- Anders als die gänzlich steinernen Osttürme, sehen die Westtürme steinern aus, sind aber aus Eisen. Da sie Schäden aufwiesen, wurden im Juni 2018 die Krabben abgenommen. Doch herrscht derzeit Unsicherheit darüber, wie die Turmspitzen restauriert werden sollen. Autor Wacker geht in seiner Schrift auf das Gusseisen und den Lieferanten Isselburger Hütte ein, auf die Gliederung der Turmhelme und ihre Errichtung. Zuvor widmet er sich der Frage, wie legitim es zur Erbauungszeit der Apollinariskirche erschien, eine neugotische Kirche mit Gusseisentürmen zu bestücken. August Reichensperger, Verfasser von 700 Veröffentlichungen, hielt die Verwendung für „barbarisch“. Dogmatische Neugotiker wie er hielten die „Materialgerechtigkeit“ hoch. Danach sollten nur Materialien genutzt werden, die bereits im Mittelalter Verwendung fanden. Bauherr Franz Egon von Fürstenberg-Stammheim und Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner scherten sich nicht drum.[2]
20 Jahre Sanierung
Fassade
Im Jahr 1985 war die Kölnische Franziskanerprovinz durch Umwelteinflüsse und Spätfolgen des Zweiten Weltkrieges gezwungen, mit einer gründlichen Sanierung des Außenwerkes der Kirche zu beginnen. Ausgehend von der Apsis der Kirche wurde sie im Uhrzeigersinn um die Kirche herum vorangetrieben und kam zum Jahresende 2004 wieder an den beiden Flankierungstürmen der Apsis an. Türme und Fialen[3], Wände und Gesimse: Alles wurde untersucht, auf Haltbarkeit geprüft und so weit wie nötig durch neue Teile ersetzt.
Dach
Außerplanmäßig musste 1995/96 das Dach erneuert werden. Der nach dem Zweiten Weltkrieg eingedeckte Schiefer war brüchig und damit undicht geworden. Bei diesen Arbeiten wurde nicht nur das Dach vollständig neu eingedeckt, sondern auch die vom Holzschwamm befallenen Teile des Dachstuhls und angrenzendes Mauerwerk sowie die komplette Holzeindeckung unter dem Schiefer erneuert.
Innenbereich
Auch im Innenraum und in der Krypta wurden zahlreiche Einzelmaßnahmen vorgenommen.
Kosten und Finanzierung
Fast 5,1 Millionen Euro sind für die beinahe 20-jährige Renovierung aufgewendet worden - von Bund (24,5 Prozent), Land (33,9 Prozent), Kreis Ahrweiler (6,8 Prozent) und der Stadt Remagen (2,7 Prozent) sowie vom Bistum Trier (11,1 Prozent), vom Förderverein Apollinariskirche Remagen e.V. (9,6 Prozent), von der Kölnischen Franziskanerprovinz (7,3 Prozent) und von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (5,1 Prozent).
Weitere Bilder
Blick in Richtung Rolandsbogen und Drachenfels
Apollinariskirche mit Erpeler Ley und Ludendorff-Brücke Remagen
Blick von der Waldburg
Innenansichten
Grabstätte der Gräflichen Familie von Fürstenberg-Stammheim
Krypta
Klostergarten
Siehe auch
- Apollinaris von Ravenna
- Apollinarisberg
- St. Apollinaris-Kirchenchor Remagen
- Franziskaner-Konvent Remagen
- Apollinaris-Wallfahrt Remagen
- Förderverein Apollinariskirche Remagen e.V.
- Kloster „St. Apollinaris“ Remagen
- Kreuzweg am Apollinarisberg Remagen
- Rheinischer Sagenweg
- Stiftung "Apollinariskirche auf dem Apollinarisberg zu Remagen"
- Klein-Apollinaris-Wallfahrt Remagen
- St. Apollinaris-Kirchenchor Remagen
- Franziskus-Statue auf dem Apollinarisberg Remagen
Videos
Mediografie
- Hermann Comes: Um die Erhaltung der Apollinariskirche, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1966
- Gisela Götz: Die Apollinariskirche in Remagen - schönster Sakralbau der Rheinromantik, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 2013, Ahrweiler 2012, Seite 104
- Josef Hoss: 150. Jahrestag der Rückführung der Reliquien des hl. Apollinaris nach Remagen, in: Kreisverwaltung Ahrweiler (Hrsg.): 'Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1977', Bad Neuenahr-Ahrweiler 1976
- Heinrich Josef Langen: Zur Geschichte des Apollinarisberges und seiner Bewohner in den Jahren 1807-1836 - Gebrüder Boisserée und Graf Reinhard, Remagen: C. Dreesbach 1927
- Harry Lerch: Die Fresken der Nazarener. Eine Studie, in: Heimatjahrbuch für den Kreis Ahrweiler 1956
- Leo Stausberg: "St. Apollinarisberg in Remagen a. Rhein. Zur Geschichte eines Wallfahrtsorts", in: Kreisverwaltung Ahrweiler (Hrsg.): 'Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1958', Bad Neuenahr-Ahrweiler 1957
- Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz (Hrsg.): 'Die Apollinariskirche in Remagen', Reihe 'Denkmalpflege in Rheinland-Pfalz - Forschungsberichte' Band 7, mit Beiträgen von Wolfgang Brönner, Paul Georg Custodis, Herbert Dellwing, Wolfgang Franz, Klaus Häfner, Dieter Kastner, Franz Ronig, Barbara Schock-Werner, Eduard Sebald und Arnold Wolff, 246 S., 209 Abb., Worms: Wernersche Verlagsgesellschaft 2005
- Solanus Krätzig: Die Kirche auf dem Apollinarisberg bei Remagen in ihrer kunstgeschichtlichen Bedeutung, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1958
- Stephan Pauly/Paul Georg Custodis: Apollinariskirche Remagen, Reihe Rheinische Kunststätten, 2008
- Peter Höller: Außenrestaurierung der Apollinariskirche Remagen. Ein Beispiel aktueller Denkmalpflege, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1987
- Peter Höller: Für die Menschen bestellt. Der Apollinarisberg im Dienst der Seelsorge, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1985
- Fidelis Roersch: Die Freskomalereien in der St. Apollinariskirche zu Remagen, in: Heimatkalender des Kreises Ahrweiler 1926, S. 84
- Stephanie Rösler-Schinke: Die Apollinariskirche in Remagen - ein Gesamtkunstwerk des 19. Jahrhunderts, Inaugural-Dissertation, München 1994
- Peter Höller: Apollinarisberg, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 1984
- Erhard Wacker: Die Wandtexte der Nazarenerfresken in der Remagener Apollinariskirche, 40. Seiten, 2012 (enthält alle in die Malerei eingebundenen Bibelzitate und die Lebensgeschichte von St. Apollinaris)
- Norbert Suhr/Nico Kirchberger (Bearb.): Die Nazarener - Vom Tiber an den Rhein. Drei Malerschulen des 19. Jahrhunderts, hrsg. v.d. Direktion Landesmuseum Mainz, Schnell + Steiner, Regensburg 2012
- Norbert Suhr/Nico Kirchberger (Bearb.): Reisewege zu den Nazarenern in Rheinland-Pfalz, hrsg. v.d. Direktion Landesmuseum Mainz, Schnell + Stelner, Regensburg 2012
- Neues Schild weist auf Apollinariskirche hin, general-anzeiger-bonn.de vom 26. Juli 2013
- Hildegard Ginzler: Apollinariskirche: Heiliges und Unheiliges vom Berg, general-anzeiger-bonn.de vom 30. Oktober 2013
- Erich Schmitz: Die Apollinariskirche in Remagen und die "Wunderwaffe" V2, in: Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 2015, Seiten 220-222
- Hildegard Ginzler: Bis Weihnachten sind die Predellen in der Apollinariskirche gesichert: Daueraufgabe Restaurierung, general-anzeiger-bonn.de vom 7. Dezember 2015
- Hildegard Ginzler: Forschung in Remagen – Fundgrube für junge Wissenschaftler, general-anzeiger-bonn.de vom 15. Dezember 2016
- Hildegard Ginzler: Sakrale Kunst in Remagen – Kreuzestod und Auferstehung, general-anzeiger-bonn.de vom 16. April 2017
- Hildegard Ginzler: Wallfahrtskirche Sankt Apollinaris: An Türmen der Apollinariskirche in Remagen nagt der Rost, general-anzeiger-bonn.de vom 6. Juli 2018
- Hildegard Ginzler: Projekt in Remagen: Türme der Apollinariskirche werden saniert, general-anzeiger-bonn.de, 2. September 2019
- Erhard Wacker schreibt über die Bischofsweihe des heiligen Apollinaris - Ein Fresko und viel Hintergrundgeschichte, blick-aktuell.de, 19. April 2022
- Hildegard Ginzler: Forschungsprojekt in der Apollinariskirche Remagen - Mit Lupe und Laptop den Schäden an Kunstwerken auf der Spur, ga.de, 28. Mai 2023
- Christian Koniecki: Kirchturmsanierung in Remagen: Der Apollinariskirche fehlen die obersten zwei Meter, rhein-zeitung.de, 11. Juli 2024
Weblinks
- https://apollinariskirche.de
- Wikipedia: Apollinariskirche (Remagen)
- regionalgeschichte.net: Apollinariskirche
- glasmalerei-ev.de: Remagen, Kath. Kirche St. Apollinaris
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Quellen: Orgeln der Apollinariskirche stehen im Mittelpunkt – Am Tag des offenen Denkmals wird Geschichte beleuchtet – Organistin lässt Königin der Instrumente erklingen, in: Rhein-Zeitung vom 2. September 2016, und Hildegard Ginzler: Orgeln und gusseiserne Turmhelme – Erhard Wacker erweitert seine „Remagener Apollinaris Bibliothek“ um zwei neue Bändchen, in: General-Anzeiger vom 1. April 2019, siehe auch: Erhard Wacker: Die Orgeln in der Remagener Apollinariskirche – Eine Dokumentation, Version 1 vom Oktober 2016, pdf/39 Seiten
- ↑ Quelle: Hildegard Ginzler: Orgeln und gusseiserne Turmhelme – Erhard Wacker erweitert seine „Remagener Apollinaris Bibliothek“ um zwei neue Bändchen, in: General-Anzeiger vom 1. April 2019
- ↑ Fiale = kleines spitzes Türmchen.